Luftangriffe auf Dresden
Luftangriffe auf Dresden – den Großraum der Stadt – unternahmen die Royal Air Force (RAF) und die United States Army Air Forces (USAAF) ab Herbst 1944 im Zweiten Weltkrieg. Historisch bekannt wurden besonders die vier Angriffswellen vom 13. bis 15. Februar 1945. Durch sie starben nach neuesten historischen Untersuchungen (entgegen oft behaupteten sechsstelligen Opferzahlen) zwischen 22.700 und 25.000 Menschen. Große Teile der Innenstadt und der industriellen und militärischen Infrastruktur Dresdens wurden zerstört.
Diese Angriffe verstärkten erheblich die Kritik an der Luftkriegsführung derWestalliierten seit 1942, besonders an der britischen Area Bombing Directive. Historiker diskutieren bis heute, ob diese Flächenbombardements militärisch notwendig und zweckmäßig waren und ob sie ethisch und rechtlich alsKriegsverbrechen zu werten sind.
Hintergründe und Ziele
Im Herbst und Winter 1944 rückten die Alliierten langsamer vor, als sie geplant hatten. Trotz der Verstreuung ihrer Truppen gelang es der deutschen Wehrmacht, sie an der Überschreitung desRheins zu hindern, die diese mit ihrer Operation Market Garden im September 1944 angestrebt hatten. Zum Jahresende folgte die deutsche Ardennenoffensive an der Westfront. Nach derOperation Bagration der Roten Armee im Sommer 1944 stockte deren Vormarsch im Herbst 1944 bis zum Beginn der Weichsel-Oder-Operation Anfang 1945. Auch danach hielten die Deutschen weitere zu „Festungen“ ausgebaute Städte östlich der Oder, unter anderen Breslauund Königsberg.
Martin Mutschmann, Gauleiter und Reichsstatthalter von Sachsen, freute sich noch Weihnachten 1944, sein „Volk wieder im Angriff zu sehen“. Anfang 1945 konnte der Zeitzeuge Victor Klemperer das Kriegsende noch nicht absehen.
Damals bereiteten die Alliierten den Einmarsch ihrer Bodentruppen in die „Festung Deutschland“ zur Entscheidungsschlacht gegen das NS-Regime vor. Die Westalliierten begannen ab Februar 1945 mit verstärkten Luftangriffen zur Eroberung des Ruhrgebiets und nutzten ihre seit März 1944 bestehende Luftüberlegenheit, um zahlreiche deutsche Militär-, Verkehrs-, Verwaltungs- und Regierungseinrichtungen, Produktionsstätten sowie große und kleine deutsche Städte zu bombardieren. Die Rote Armee drang bis Ende Januar 1945 auf der geografischen Breite von Berlin zur Oder vor und stand kurz davor, Schlesien zu erobern. Sie sollte erst bis März auf die für die Schlacht um Berlin notwendige Stärke anwachsen. Von Schlesien flohen Millionen Deutsche vor allem nachMitteldeutschland. Versprengte Wehrmachtseinheiten versuchten, Wiederaufstellungsräume hinter der noch ungefestigten sowjetischen Frontlinie zu erreichen.
Seit Sommer 1944 plante das britische RAF Bomber Command einen besonders schweren Vernichtungsschlag (Operation Thunderclap), um den Durchhaltewillen der Deutschen endgültig zu brechen. Doch im Januar 1945 errechnete der britische Geheimdienst, dass die Wehrmacht nochmals bis zu 42 Divisionen an die Ostfront verlegen könnte. Nun wurden die Angriffspläne für die RAF und USAAF modifiziert. Dresden war bereits am 2. Februar 1945 als Ausweichziel für einen schweren Bombenangriff aufBerlin bei dortigem Schlechtwetter vorgesehen. Auf der Konferenz von Jalta vom 4. bis 11. Februar 1945 drängte der sowjetische Generaloberst Antonow die westlichen Alliierten dazu, wichtige ostdeutsche Verkehrsknotenpunkte zu bombardieren, um weitere deutsche Truppentransporte an die Ostfront zu verhindern und so die Rote Armee von Gegenangriffen zu entlasten und ihr Vorrücken zu erleichtern. Am 7. Februar 1945 legten die alliierten Luftwaffenstäbe einvernehmlich eine östliche Ziellinie für diese Bombardierungen fest. Am 8. Februar sandte US-General Carl A. Spaatz eine neue Zielliste kommender Bombenangriffe der USAAF nach Moskau, auf der die Verkehrszentren Berlin, Leipzig, Dresden und Chemnitz in die zweithöchste Dringlichkeitsstufe nach 21 ostdeutschen Hydrierwerken eingestuft wurden. Am 12. Februar kündigte Spaatz den USAAF-Angriff auf den Verschiebebahnhof Dresden für den Folgetag, bei Schlechtwetter für den 14. Februar, an. Der nächtliche RAF-Angriff am 13. Februar wurde den Sowjets nicht eigens angekündigt.
Dresden im Krieg
Wenige Monate vor Beginn des Zweiten Weltkriegs ergab die Volkszählung vom 17. Mai 1939 für Dresden 629.713 Einwohner. Dresden war damit die siebtgrößte deutsche Stadt (siehe auch Einwohnerentwicklung von Dresden # Von 1850 bis 1945). Das Stadtgebiet blieb bis zum August 1944 von Luftangriffen verschont, weil es bis dahin außerhalb der Reichweite und damit der Zielplanungen alliierter Bomber lag. Im Herbst 1944 war Dresden neben Breslau der letzte größere unbeschädigte Verkehrsknotenpunkt, Wirtschafts- und Verwaltungsstandort des Deutschen Reiches.
Verkehr
Der Eisenbahnknoten Dresden war drittgrößter Bahnumschlagplatz des Deutschen Reichs. Hier kreuzten sich die Bahnstrecken nach Berlin, Prag, Breslau, Warschau, Leipzig und Nürnberg. Da Bahnanlagen anderer Städte bereits schwer beschädigt waren, wurde der Bahnverkehr des Raums Leipzig–Berlin–Dresden ab 1944 großenteils über den Güter- und Rangierbahnhof Dresden-Friedrichstadt, den Hauptbahnhof und den Bahnhof Dresden-Neustadt abgewickelt. Zudem versorgten die Anlagen die Industriebetriebe Freitals und Bergbaubetriebe im Erzgebirge sowie die Industriegebiete von Pirna, Heidenau, Radebeul, Coswig, Bautzen und Görlitz. Die großen Industriebetriebe Dresdens waren über den Kohlebahnhof mit dem Alberthafen und dem Güterbahnhof in der Leipziger Vorstadt (Neustadt) verbunden. Dresden war Sitz der Reichsbahndirektion Dresden, die den Eisenbahnbetrieb im größten Teil Sachsens und im nordwestlichen Sudetenland organisierte. Weiterhin betrieb die Deutsche Reichsbahn in Dresden ein Ausbesserungswerk und ein Bahnbetriebswerk. Auf den verkehrsarmen Strecken im Umland und in Tunnels wurden Lokomotiven und Waggons aus gefährdeteren Regionen Deutschlands abgestellt.
Transporte von Truppen und Material an die Front und von Gefangenen in die Vernichtungslager wurden über Dresden abgewickelt. Aus dem Osten strömten Millionen Flüchtlinge vor allem nach Mitteldeutschland. Als Ende 1944 immer mehr Menschen aus dem Osten flohen, war Dresden, für das ein Zuzugsverbot galt, für sie Durchgangsstation.
Industrie
Dresdens dicht bebaute Innenstadt bestand hauptsächlich aus Bauten der Renaissance, des Barock und Mischgebieten der Gründerzeit auf mittelalterlichem Grundriss. Damals wurden Industriebetriebe in Hinterhöfen der Wohnbebauung oder als größere Komplexe direkt neben Siedlungen errichtet.
Nach den Angaben der Dresdner Industrie- und Handelskammer von 1941 war die Stadt „einer der ersten Industriestandorte des Reiches“. Bis 1944 war die Mehrzahl der Betriebe fast vollständig auf Rüstung umgestellt. Nach Angaben der USAAF waren im Februar 1945 „mindestens 110“ Fabriken und Unternehmen in Dresden ansässig, die „legitime militärische Ziele“ darstellten. 50.000 Arbeiter habe allein die Rüstungsindustrie beschäftigt, darunter auch Zulieferindustrie für die Flugzeugwerke in Klotzsche. DasHauptstaatsarchiv Dresden zeigt die wirtschaftliche Bedeutung und Produktivität des intakten Großraums: Es nennt 44 Betriebe des Geld-, Bank- und Versicherungswesens, 29 Maschinenbauwerke, 13 auf Elektrotechnik und Gerätebau spezialisierte Industriebetriebe, zwölf Betriebe der Lebens- und Genussmittelindustrie, vorwiegend der Zigarettenindustrie, sechs feinmechanische und optische Industriebetriebe sowie weitere Werke, die bis dahin weitgehend auf die Kriegswirtschaft umgestellt und unzerstört waren. Als militärisch bedeutsam werden außerdem besonders nach lokalen Quellen folgende Betriebe genannt:
- Chemische Industrie in Niedersedlitz,
- Optische Werke, vor allem Zeiss Ikon im Stadtzentrum und in Reick,
- Stahlbau Kelle & Hildebrandt in Großluga,
- Fabrik für Transformatoren und Röntgengeräte Koch & Sterzel in Mickten,
- Schaltanlagen- und Apparatebau Gebrüder Bassler und
- Funktechnik von Radio-Mende.
Das Sachsenwerk, Avus und MIAG produzierten Maschinenteile in Leuben; das Panzerwerk MIAG-Mühlenbau (ehemals Mühlenbau Gebr. Seck) befand sich im damaligen Zschachwitzer Ortsteil Sporbitz. Betriebe in Dresden-Löbtau und im südlichen Umland (Erzgebirge) stellten Handgranaten her. Die Rüstungsfabrik Universelle-Werke J. C. Müller & Co. produzierte in der Südvorstadt(Zwickauer Straße, Florastraße) mit Kriegsgefangenen, die auf dem Gelände des MIAG-Mühlenbaus in Leuben und in mehreren weiteren Lagern interniert waren. Die Industrie Dresdens war mit Zwangsarbeitern aus über die gesamte Stadt verteilten Lagern versorgt. Bisher weiß man von zehn Außenstellen der Konzentrationslager Flossenbürg, Auschwitz-Birkenau und anderer in der Stadt.
Seit Ende 1944 wurden nochmals weitere 5000 Häftlinge nach Dresden transportiert, darunter etwa 2000 Juden. Sie wurden bis zu den Angriffen zusammen mit Dresdner Juden in überfüllten „Judenhäusern“ untergebracht und etwa in den Rüstungsbetrieben Goehle-Werke, bei der Osram GmbH, Bernsdorf und Co. und beim Reichsbahnausbesserungswerk zur Arbeit gezwungen (siehe Vernichtung durch Arbeit).
Luftschutz
Seit 1935 war der Luftschutz im ganzen Deutschen Reich vorbereitet worden. Die Gauhauptstadt Dresden galt als „überaus gefährdet“. 1940 wurde auch in Dresden der Propagandafilm Feuertaufe gezeigt, der aber nach SS-Berichten angesichts der durch deutsche Luftangriffe zerstörten Stadt Warschau bei den Zuschauern „keine heroisch stolze, sondern eine bedrückende, verängstigte Stimmung über die ‚Schrecken des Krieges‘“ auslöste. Seit Oktober 1940 wurden Luftschutzräume im ganzen Deutschen Reich für „Arier“ reserviert; Juden mussten davon getrennte und weniger geschützte Räume aufsuchen. Spätestens seit 1943 und 1944 war Dresdens Bedrohung abzusehen, als nur 100 km entfernt mehrere Luftangriffe auf Leipzig erfolgten. Damalige Briefe und Tagebucheinträge zeigen, dass die Dresdner nun täglich Bombenangriffe erwarteten und sich mit der Angst im Alltag einrichteten.
Ab Ende 1943 ließ das neu gegründete Dresdner Bauamt für Luftschutz in den Kellern von Reihenhäusern Mauerdurchbrüche zu Nachbarhäusern und Straßentunnel mit Aufgängen als Fluchtwege einrichten, Dachbalken imprägnieren, Löschwasserzisternen anlegen und Auffangräume bereitstellen und kennzeichnen. Luftschutzbunker wurden in Dresden jedoch kaum gebaut, da die Behörden unter Gauleiter Martin Mutschmann der Kriegswirtschaft Vorrang vor dem Schutz der Bevölkerung gaben. Jedoch ließ sich Mutschmann einen besonders aufwändigen Bunker unter seine Villa bauen. Ihm Untergebene berichteten das an Heinrich Himmlerund es floss in kritische Berichte des SD ein. Zuzug wurde verboten, Durchreisende und Flüchtlinge durften höchstens eine Nacht in der Stadt bleiben. Beides wurde streng durchgesetzt. Ab 1944 wurden Kinder mit der Kinderlandverschickung aus Dresden evakuiert. Die Innenstadtbewohner wurden aufgerufen, in Quartieren am Stadtrand zu übernachten.
Auch Industrie und Verwaltung bereiteten sich auf Luftangriffe vor, deren Zerstörungsausmaß durch die Erfahrungen in anderen Städten abschätzbar war. Am 13. Oktober 1944 ließ Mutschmann anlässlich der Trauerfeier für die Toten nach dem Angriff vom 7. Oktober in der Dresdner Zeitung verlauten:
„Niemand sollte in der Illusion leben, gerade sein Ort, seine Stadt, würden nicht angegriffen. […] Es gibt keine friedlichen Inseln in Deutschland.“
Dies war die einzige Pressemitteilung über den ersten Luftangriff auf Dresden.
Luftangriffe
Einzelangriffe bis Januar 1945
Seit Herbst 1944 gab es häufiger Voralarm und Luftalarm in Dresden. Am 24. August 1944 erfolgte ein erster Bombenangriff auf die Industrie in Freital (Mineralölwerk der Rhenania-Ossagin Birkigt) und das Industriegelände Gittersee. Eine Bombe fiel auf Coschütz. Bei dem Angriff starben 241 Menschen.
Am 7. Oktober 1944 griffen 29 B-17-Bomber der 303. Bombergruppe (Kriegsname „Hell’s Angels“) des 41. Kampfgeschwaders der USAAF als Ersatz für das wolkenbedeckte PrimärzielBrüx das für das ganze Geschwader vorgesehene Ausweichziel Dresden an. Mit etwa 290 Sprengbomben zu je 500 Pfund trafen sie hauptsächlich den Innenstadtbereich um den Bahnhof Dresden-Friedrichstadt und das Industriegebiet nördlich davon, darunter die damals zur Rüstungsgüterproduktion verwendete Fabrik Seidel & Naumann sowie den Flusshafen. Insgesamt wurden 270 Todesopfer registriert.[27]
Am 16. Januar 1945 bombardierte die USAAF mit 133 Flugzeugen, 279,8 Tonnen Sprengbomben und 41,6 Tonnen Brandbombentagsüber erneut den Bahnhof Friedrichstadt. Auch Cotta, Löbtau und Leutewitz wurden getroffen. Der Angriff forderte 334 Tote. Die Angriffe schwächten auch die Luftabwehr. Auf dem Militärflugplatz Klotzsche standen danach nur noch 30 einsatzfähige Jagdflugzeuge und Nachtjäger bereit, allerdings fast ohne Treibstoffreserven. Trotzdem wurde die Flak noch im selben Monat an die Ostfront verlegt.
Seitdem Air Marshal Arthur Harris 1942 Oberbefehlshaber des britischen „Bomber Command“ geworden war, wechselten Nachtangriffe der RAF und Tagesangriffe der USAAF einander ab. Harris gab den Angriffsbefehl zu den folgenden schweren Bombardierungen Dresdens mit dem Codewort „Chevin“. Sechs Bomberstaffeln flogen gegen 17:30 von ihren Horsten in Südengland über zwei Routen in das Reichsgebiet ein. Hinter der Westfront flogen einige Begleitjäger zur Irreführung der deutschen Luftabwehr andere Routen.
Erste Angriffswelle in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar
Am Faschingsdienstag, 13. Februar 1945 um 21:45 Uhr, wurde in Dresden der 175.Fliegeralarm ausgelöst. Die Menschen begaben sich in die Keller ihrer Häuser oder Wohnblocks und die wenigen vorhandenen Luftschutzbunker.
Die Angriffe begannen bei aufgeklartem wolkenlosem Nachthimmel. Um 22:03 Uhr wurde die Innenstadt von Lancaster-Bombern des No. 83 Squadron, einer „Pfadfinder“-Einheit, mitMagnesium-Lichtkaskaden („Christbäumen“) ausgeleuchtet, zwei Minuten darauf warfen neun britische Mosquitos rote Zielmarkierungen auf das gut sichtbare Stadion am Ostragehegenordwestlich des Stadtkerns. Von 22:13 bis 22:28 Uhr fielen die ersten Bomben. 244 britische Lancaster-Bomber der No. 5 Bomber Group zerstörten die Gebäude mit 529 Luftminen und 1800 Spreng- und Brandbomben mit insgesamt 900 Tonnen Gewicht. Sie gingen südwestlich des Zielpunktes in einem 45-Grad-Fächer zwischen der großen Elbschleife im Westen der Stadt, dem industriell bebauten „Ostragehege“ (heute Messegelände) und dem etwa 2,5 km Luftlinie entfernten Hauptbahnhof nieder.
In diesen 15 Minuten wurden drei Viertel der Dresdner Altstadt in Brand gesetzt. Gezielte Treffer einzelner Gebäude waren bei diesen Nachtangriffen der RAF weder beabsichtigt noch möglich. Vielmehr sollte ein Bombenteppich die gesamte Innenstadt großflächig zerstören. Die Flammen der brennenden Innenstadt nach der ersten Angriffswelle waren im weiten Umkreis am Himmel zu sehen. Manche Brände loderten noch vier Tage lang.
Zweite Angriffswelle in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar
Um 1:23 Uhr begann die zweite Angriffswelle mit 529 britischen Lancaster-Bombern der No.1, No. 3 und No. 8 Groups der Royal Air Force sowie der No. 6 Group der kanadischen Luftwaffe. Sie warfen bis 1:54 Uhr insgesamt 650.000 Stabbrandbomben – 1500 Tonnen – über einem Gebiet von Löbtau bis Blasewitz und von der Neustadt bis Zschertnitz ab. Die von der ersten Angriffswelle verursachten Brände dienten nach Augenzeugenberichten britischer Fliegerbesatzungen zur Orientierung für die nachfolgenden Bomber. Ihre Bomben trafen auch die Elbwiesen und den Großen Garten, wohin viele Dresdner nach der ersten Welle geflüchtet waren. Die Frauenklinik Pfotenhauerstraße des Stadtkrankenhauses Dresden-Johannstadt und die Diakonissenanstalt in der Neustadt wurden schwer beschädigt. Beide Bombardements betrafen ein Stadtgebiet von etwa 15 Quadratkilometern.
Die zweite Angriffswelle zerstörte die Technik der ausgerückten Feuerschutzpolizei und verhinderte weitere Löschaktionen, sodass sich die zahlreichen Einzelfeuer rasch zu einem orkanartigen Feuersturm vereinten. Dieser zerstörte ganze Straßenzüge. In der extremen Hitze schmolzen Glas und Metall. Der starke Luftsog wirbelte größere Gegenstände und Menschen umher oder zog sie ins Feuer hinein. Sie verbrannten, starben durch Hitzeschock und Luftdruck oder erstickten in den Luftschutzkellern an Brandgasen. Wer sich ins Freie retten konnte, war auch dort dem Feuersturm und detonierenden Bomben ausgesetzt.
Tagesangriffe am 14. und 15. Februar
Den Nachtangriffen folgte am 14. Februar von 12:17 bis 12:31 Uhr ein Tagesangriff von 311 bis 316 B-17-Bombern der USAAF und zwischen 100 und 200 Begleitjägern. Sie warfen bei wolkenbedecktem Himmel über Dresden nach Zielradar 1.800 Sprengbomben (474,5 t) und 136.800 Stabbrandbomben (296,5 t) ab. Ihre Angriffsziele waren einige Rüstungsbetriebe und erneut der Bahnhof und das Reichsbahnausbesserungswerk Dresden in Friedrichstadt. Getroffen wurden auch das dortige Krankenhaus und umliegende Stadtteile. Wegen einer Wetterfront wichen zwei Bombergruppen etwa 100 km südwestlich vom Kurs ab und bombardierten nach Ausfall des Anflugradars einen Ortsteil von Prag im Glauben, es sei Dresden. Im etwa 35 km entfernten Neustadt ging am 14. Februar von den Nachtangriffen verursachter Ascheregen nieder.
Am 15. Februar etwa um 10:15 Uhr stürzte die ausgebrannte Frauenkirche ein. Von 11:51 bis 12:01 Uhr folgte ein weiterer Tagesangriff von 211 amerikanischen Boeing B-17 Flying Fortress. Bei schlechter Sicht warfen sie 460 Tonnen Bomben, verstreut auf das gesamte Gebiet zwischen Meißen und Pirna.
Weitere Angriffe
Am 2. März flogen 455 B-17-Bomber nach Angaben der USAAF zunächst das Hydrierwerk Schwarzheide an, wichen aber auf das Ersatzziel Dresden aus. Ab 10:27 Uhr fielen 853 Tonnen Sprengbomben und 127 Tonnen Brandbomben auf die Bahnanlagen in Friedrichstadt und Neustadt sowie in die angrenzende Bebauung.
Die 8. Bomberflotte der USAAF flog am 17. April mit 572 Maschinen einen weiteren, letzten Angriff auf das Stadtgebiet. Über den Rangierbahnhöfen warf sie 1385 Tonnen Sprengbomben und 150 Tonnen Brandbomben, auf ein nicht genanntes Industriegebiet weitere 25 Tonnen Sprengbomben ab. Erst dabei wurde der Bahnverkehr durch Dresden wirksam unterbrochen.
Folgen
Für die Bevölkerung
Nach Zeugenaussagen konnten einige Menschen durch Mauerdurchbrüche in den Kellern geschlossener Häuserzeilen in unversehrte Häuser und Stadtteile fliehen, andere fanden durch die Gewölbe unterhalb der Altstadt ins Freie auf die Elbwiesen. Etwa 1000 Menschen überlebten den Angriff in der Annenkirche. Viele sind jedoch auf der Flucht an Brandgasen erstickt. Die häufige Angabe „erstickt“ in damaligen Totenscheinen wies auch auf mangelnde Luftschutzräume und fehlende Belüftung hin. Familien wurden im Chaos auseinandergerissen. Überlebende, die in Bunkern und Kellern ausgeharrt oder den Weg ins Freie gefunden hatten, wurdentraumatisiert. Tausende Menschen flohen noch während der ersten Angriffswelle in weniger betroffene Stadtteile wie Mockritz, Leuben, Blasewitz, Pieschen, Löbtau oder in das Umland.
Da die Bomben auch das Zentralgebäude der Gestapo zerstörten, konnte diese die zwischen dem 14. und 16. Februar angesetzte Deportation der letzten 198 Juden aus dem Regierungsbezirk Dresden nicht planmäßig durchführen. Etwa 40 Juden starben im Dresdner „Judenhaus“ durch Bomben, während andere trotz Nutzungsverbots in Luftschutzräumen überlebten. Sie mussten jedoch in den Folgetagen aus der Stadt fliehen, da die Gestapo weiter nach ihnen suchte. Etwa 70 Dresdner Juden entkamen so demHolocaust. Darunter waren Henny Brenner, der später weltberühmte Puppenspieler Josef Skupa und der Literaturwissenschaftler Victor Klemperer, der damals in sein Tagebuch schrieb:
„Wen aber von den etwa 70 Sternträgern diese Nacht verschonte, dem bedeutete sie Errettung, denn im allgemeinen Chaos konnte er der Gestapo entkommen.“
Ab dem 15. Februar organisierte Theodor Ellgering, Leiter des Interministeriellen Ausschusses für Luftkriegsschäden, nach Eigenbericht Auffangstellen für obdachlose Flüchtlinge, ihre Versorgung mit Nahrungstransporten und die Bergung der Toten. Er ließ zerstörte Stadtteile teilweise mit Straßensperren aus Trümmersteinen abriegeln.] In den folgenden Tagen wurden die Leichen in der Stadt mit Lastwagen oder Handkarren eingesammelt, zu öffentlichen Plätzen zur Identifizierung gebracht und dort zu Tausenden gestapelt. Aus Furcht vor Seuchenwurden am 25. Februar 6865 Leichen auf dem Altmarkt, weitere im Krematorium Tolkewitzverbrannt. Bis zum 30. April wurden auf dem Heidefriedhof rund 10.430 Tote und die Asche der auf dem Altmarkt verbrannten Leichen bestattet, weitere Tote auf dem Johannisfriedhof und dem damaligen Standortfriedhof.
Öffentliche Gebäude, etwa NSDAP-Stellen, Gasthöfe und Schulen, dienten als provisorische Notaufnahmen für Obdachlose. Allein in den fünf Auffangstellen des Dresdner Ortsteils Plauen wurden bis Mitte März 16.000 Flüchtlinge registriert. Die Behörden schickten viele der Ausgebombten in das Umland.
Im Stadtzentrum, Bezirk IV, wurden im März noch 4000 Einwohner festgestellt. Der nördliche Teil Striesens musste tausende Flüchtlinge aufnehmen. Trotz der Öffnung der Nahrungsmitteldepots wurden die Nahrungsmittel bald knapp, und selbst Lebensmittelkarten konnten nicht mehr gedruckt werden. Erst Mitte April wurde die Verpflegung der Ausgebombten durch die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt eingestellt. „Volksgenossen ohne eigene Kochgelegenheit“ wurden laut Bezirksverwaltung am 10. April 1945 auf die gemeinsame Benutzung vorhandener „Kochstellen“ verwiesen. Die NS-Behörden waren arbeitsunfähig, als Auffangstellen umfunktioniert oder ausgebrannt. Viele Beamte waren geflüchtet oder umgekommen. Die Stadt war laut Mutschmann nicht mehr in der Lage, „ihre laufenden Verwaltungsarbeiten durchzuführen“. Wegen Personalmangels wurden Beamte aus ganz Sachsen verpflichtet. Für das Stadtgebiet Zerstörte Gebiete in Dresden und einzelne Ziele. Rot umrandet: total zerstörte Kernbereiche der Bombardierung. Rosa abgestuft: bebaute Gebiete. Braun: strategische Ziele
Die Altstadt brannte zu einem großen Teil aus. Außer Ruinen blieben nur einige wenige Gebäude schwer beschädigt erhalten. Die Seevorstadt, Johannstadt und die östliche Südvorstadt waren weitgehend abgebrannt oder zertrümmert. Auch die alten Ortskerne und historischen Bauten von Mickten, Strehlen und Gruna waren zerstört. Hinzu kamen schwere Schäden in Reick, Friedrichstadt, Plauen, Zschertnitz, der Inneren Neustadt sowie Brände in Prohlis. Zwischen Schandauer Straße und Bodenbacher Straße wurden fast 800 Häuser mit rund 7000 Wohnungen, Fabriken und Werkstätten vollständig zerstört. Schäden an einzelnen Häuserzeilen gab es im Hechtviertel, in Pieschen, Niedersedlitz und der Albertstadt. Die am dichtesten besiedelte Äußere Neustadt blieb weitgehend verschont.
Die Bombenangriffe zerstörten viele Kulturdenkmäler des spätbarocken „Florenz an der Elbe“, darunter Semperoper, Frauenkirche, Residenzschloss, Sophienkirche und Zwinger. Die Baubehörden der DDR ignorierten den früheren Stadtgrundriss, ließen viele ausgebrannte Gebäude abreißen (darunter: Sophienkirche, Albert-Theater, Palais der Sekundogenitur), andere Ruinen oder Trümmerhaufen als „Mahnmal“ erhalten (Frauenkirche, Kurländer Palais) und verstärkten so noch den Eindruck einer fast völligen Zerstörung des Stadtkerns.
Obwohl die Nachtangriffe der RAF nicht direkt auf die Dresdner Rüstungsindustrie zielten, zerstörten sie 70 Prozent der Dresdner Industriebetriebe und beschädigten viele Versorgungseinrichtungen wie Gas-, Wasser- und Kraftwerke. Auch die folgenden Tagesangriffe der USAAF waren wegen der schlechten Sicht sehr ungenau. In den Wohngebieten wurden bis Mai 1945 60.000 bis 75.000 von insgesamt 222.000 Wohnungen mitsamt Hausrat und Kleidung völlig zerstört, weitere 18.000 Wohnungen schwer und 81.000 leicht beschädigt. 30 Prozent der Einzelhandelsbetriebe waren funktionsuntüchtig, darunter drei Kaufhäuser der Altstadt und die Markthallen Weißeritzstraße, Antonsplatz und die Neustädter Markthalle, in denen sich der Handel mit Obst und Gemüse damals konzentrierte.
Der Straßenverkehr war nach dem 13. Februar zunächst vollständig blockiert. Die Oberleitungen der Straßenbahn waren zu 75 Prozent zerstört, Straßen verschüttet oder mit Bombentrichtern übersät; das Bauamt zählte 1100 davon. Alle Elbbrücken im Stadtgebietwaren beschädigt. Das Zentrum war als Verkehrsknotenpunkt unpassierbar geworden. Arbeitsstellen und Behörden mussten zu Fuß meist durch die Trümmerwüste der Altstadt erreicht werden. Der Eisenbahnverkehr wurde jedoch nach zwei Wochen behelfsmäßig wieder in Betrieb genommen. Truppentransporte fuhren sogar schon nach wenigen Tagen wieder, da die Fernstrecken durch Dresden bis zur Bombardierung am 2. März 1945 nahezu unversehrt blieben.
Die meisten Betriebe mussten ihre Produktion einstellen. Sie waren beschädigt oder zerstört, ihre Arbeiter waren umgekommen, ausgebombt oder konnten die Betriebe nicht erreichen. Nach einer „Schlussmeldung“ des SS- und Polizeiführers Elbe vom 15. März 1945 konnten nur noch sechs Betriebe ihre Produktion mit unbestimmter Menge fortsetzen. Der „Städtische Vieh- und Schlachthof“ im Ostragehege nahm den Betrieb am 19. Februar, die Brotfabrik und Großfleischerei Rosenstraße Ende März behelfsmäßig wieder auf.
Für die Alliierten
Unter den Westalliierten war das area bombing der RAF in den letzten Kriegsmonaten 1945 umstritten. Besonders nach den Februarangriffen auf Dresden drängte die US-Militärführung die Briten dazu, diese Taktik aufzugeben. Doch die RAF war überwiegend für Flächenbombardements ausgerüstet und ausgebildet.
Am 28. März 1945 erwog Winston Churchill, den Luftkrieg gegen deutsche Städte einzustellen, und distanzierte sich in einem Telegrammentwurf an General Ismay und die britischen Chiefs of Staff und Chief of the Air Staff von dessen Ausrichtung:
„It seems to me that the moment has come when the question of bombing of German cities simply for the sake of increasing the terror, though under other pretexts, should be reviewed. Otherwise we shall come into control of an utterly ruined land … The destruction of Dresden remains a serious query against the conduct of Allied bombing. … I feel the need for more precise concentration upon military objectives such as oil and communications behind the immediate battle-zone, rather than on mere acts of terror and wanton destruction, however impressive.“
„Der Moment scheint mir gekommen, wo die Frage der Bombardierung deutscher Städte einfach zum Zwecke der Erhöhung des Terrors, auch wenn wir andere Vorwände nennen, überprüft werden sollte. Sonst werden wir die Kontrolle über ein total verwüstetes Land übernehmen. […] Die Zerstörung Dresdens bleibt eine ernste Frage an die alliierte Bombardierungspolitik. […] Ich glaube, es ist nötig, dass wir uns mehr auf militärische Ziele konzentrieren wie Öllager und Kommunikationszentren hinter der unmittelbaren Kampfzone, statt auf reine Akte des Terrors und der mutwilligen Zerstörung, wie beeindruckend diese auch immer sind.“
Gesendet wurde am 1. April 1945 jedoch eine Fassung, die vor allem betonte, dass weitere Zerstörungen von Wohnräumen und ähnlichem alliierten Interessen nach dem Krieg entgegen stünden.
Am Folgetag schätzte Arthur Harris die Wirkung in einem Schreiben an das Air Ministry so ein:
„Actually Dresden was a mass of munitions works, an intact government centre, and a key transportation point to the East. It is now none of these things.“
„Dresden war eine Ansammlung von Munitionsfabriken, ein intaktes Verwaltungszentrum und ein Knotenpunkt für Transporte nach Osten. Nun ist es nichts mehr davon.“
– Arthur Harris: Schreiben vom 29. März 1945
Dass Harris – anders als andere führende Militärs – nach dem Krieg in Großbritannien keine staatliche Ehrung erhielt und erst spät in den Adelsstand erhoben wurde, gilt manchen als Hinweis auf eine Distanzierung Winston Churchills von seinem „Bomber“, obgleich Churchill ursprünglich selbst die Entscheidung zum area bombing getroffen hatte.
Seit August 1944 hatten die Westalliierten ca. 10 Millionen Kriegsflugblätter über Dresden abgeworfen, mit denen sie die Bevölkerung zum Aufgeben aufriefen. Am 23. April warf die RAF nochmals 40.000 Flugblätter über dem von der Front umgangenen Dresden ab.
Für die Kriegführung der Nationalsozialisten
Werner von Gilsa übernahm nach den Februarangriffen als Nachfolger von Friedrich-Wilhelm Liegmann das Kommando über den Festungsbereich Dresden. Sein Stab befand sich vorerst noch im Taschenbergpalais (Altstadt), anschließend in der Albertstadt. Er ließ die Lebensmittellager öffnen und stellte den Bombenflüchtlingen die Luftwaffensanitätseinheit in Nickern zur Verfügung. Andere Truppenteile und Durchreisende ließ er abfangen und abkommandieren. Beurlaubte und sogar Leichtverletzte wurden zu neuen Truppen zusammengestellt.
Das NS-Regime hoffte, die Anti-Hitler-Koalition könnte im letzten Moment zerfallen, und erteilte deshalb für die Elblinie den Befehl:Halten bis zum Letzten! Am 10. April befahl Gauleiter Martin Mutschmann auch Schülern, Stellungen zu bauen. Auf der Brühlschen Terrasse wurden Geschütze aufgestellt. Luftbilder der USAAF bestätigen den Fortschritt beim Bau der Verteidigungsanlagen. Am 14. April erklärte Mutschmann Dresden offiziell zur „Festung“, gab die Devise aus „Die Stadt wird mit allen Mitteln und bis zum letzten verteidigt“ und startete einen Aufruf an die Bevölkerung „Der Feind bedroht unsere Heimat – Kampf bis zum Letzten“.
Erst nach Kapitulation der Berliner Wehrmachtseinheiten am 2. Mai löste Gilsa den „Verteidigungsbereich Dresden“ auf und befahl seine Räumung. Dennoch verteidigten versprengte Gruppen die zerstörte Stadt bis zum Inkrafttreten der bedingungslosen Gesamtkapitulation am 8. Mai 1945. Erst an diesem letzten Kriegstag nahm die Rote Armee das Stadtgebiet vollständig ein.
Propaganda
Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unter Joseph Goebbels benutzte die Angriffe zur Propaganda: Die NS-Presse stellte die Bombardierung ab dem 16. Februar 1945 als lange geplanten Massenmord und Vernichtung einer abendländischen Kulturhauptstadt, also als Verbrechen von „Barbaren“ gegen die Zivilisation, dar, um die deutsche Kriegsschuld zu relativieren und eine Opferrolle der Deutschen zu behaupten. Das Auswärtige Amt wies seine Diplomaten am 19. Februar an, in der Auslandspresse den angelsächsischen Bombenkrieg und dessen deutsche Opfer zu betonen.
Rudolf Sparings Artikel „Der Tod von Dresden: Ein Leuchtzeichen des Widerstands“ in der NS-Zeitschrift Das Reich vom 4. März 1945 stellte die Angriffe in theatralischer Sprache als „vier Akte eines kühl berechneten Mord- und Vernichtungsplanes“ dar und behauptete:
„Um Mitternacht erschien am glutroten Himmel des Elbtals eine zweite britische Luftflotte und richtete mit Sprengbomben und Bordwaffen unter den Menschenmassen auf den Grünflächen ein Blutbad an, wie es bis dahin allenfalls die Fantasie eines Ilja Ehrenburg hätte ersinnen können.“
Widerstand gegen die angeblich mordbereiten Alliierten sei daher der einzige „Ausweg“ für die Überlebenden. Deren Alltagsnot thematisierte er nicht.[44] Diese Propagandalügen steckten einen Rahmen für individuelle Erinnerungen ab und gingen ungeprüft in die deutsche Nachkriegsliteratur und den Geschichtsrevisionismus ein.
Im Kalten Krieg behinderten erneut ideologische Vorgaben die historische Erforschung des Kriegsverlaufs und die Trauerarbeit der Beteiligten. Die Nachkriegspropaganda in der Sowjetischen Besatzungszone vermied, Schuldfragen zu stellen, und belohnte stattdessen Einsatz für den Wieder- bzw. Neuaufbau mit der Aussicht, sich so von den Nationalsozialisten distanzieren und in den offiziellen Antifaschismus integrieren zu können. Das sowjetische Militärregime verbot öffentliche Schuldzuweisungen an die Alliierten. Demgemäß erwähnte Dresdens erster Nachkriegsbürgermeister Walter Weidauer beim Gedenktag am 13. Februar 1946 die Westalliierten nicht, betonte aber, die Rote Armee habe keine Bombenangriffe auf Zivilisten durchgeführt und die Zerstörung Dresdens sei „militärisch vollkommen sinnlos“ gewesen.
Legenden
Ein fester, in stereotypen Motiven überlieferter Bestandteil der Nachkriegsliteratur zu Dresden sind Augenzeugenberichte vonPhosphorregen und Tieffliegerangriffen auf Flüchtlinge. Historiker haben diese Berichte seit 1977 mehrfach überprüft und festgestellt, dass es Legenden sind, die zum Teil von der NS-Propaganda geschaffen wurden und zum Teil auf Fehldeutungen von Sinneseindrücken beruhen.
Götz Bergander, der die Luftangriffe auf Dresden miterlebt hatte, wies 1977 nach, dass die RAF Phosphorkanister letztmals bei der „Operation Gomorrha“ gegen Hamburg im August 1943 einsetzte und dann ausrangierte. Joseph Goebbels hatte gegen die Panik in der Bevölkerung zutreffend betont, in Deutschland sei „noch niemals Phosphor abgeregnet“ worden, das sei eine optische Täuschung beim Aufschlag anderer Bombentypen. Bergander nahm an, dass Dresdner Augenzeugen weiße Leuchtmunition und Stabbrandbomben mit leuchtendem Phosphor verwechselten. Auch Helmut Schnatz schließt das „Abregnen“ von weißem Phosphor in Dresden aus, da Phosphorkautschuk dazu ungeeignet war und damals allenfalls als Brandbeschleuniger in Bombenkanistern verwendet wurde.
Die NS-Propaganda behauptete seit Mai 1944 systematische alliierte Tieffliegerangriffe auf Zivilisten, um Lynchmorde an notgelandeten alliierten Piloten („Fliegermorde“) zu rechtfertigen. Die Behauptung von Rudolf Sparing am 4. März 1945, eine zweite britische Luftflotte habe Flüchtlinge auf den Elbwiesen gezielt bombardiert und beschossen, gilt als Ursprung der Tieffliegerlegende. Diese wurde dann immer weiter kolportiert, etwa von Axel Rodenberger (Der Tod von Dresden, 1951), Max Seydewitz (Zerstörung und Wiederaufbau von Dresden, 1955) und dem späteren Holocaustleugner David Irving (Der Untergang Dresdens, 1963). Irving modifizierte die Legende, indem er mit der Umdeutung von USAAF-Akten Tiefflugangriffe nur bei den Tagesangriffen ab dem 14. Februar behauptete.
Augenzeugen, die am 14. und 15. Februar als Flüchtlinge im Raum Dresden unterwegs waren, schilderten später Angriffe einzelner Tiefflieger. Details ihrer Erinnerungen wie die Außenmarkierungen der US-Flugzeuge sind nachweislich falsch; keiner dieser Berichte gilt daher als historisch zuverlässig. Bergander fand heraus, dass die wenigen glaubhaften Berichte sich nur auf den Tagesangriff vom 14. Februar 1945 bezogen und weder die Polizeiberichte jenes Tages noch die Wehrmachtberichte, die sonst jeden Tieffliegerangriff vermerkten, dergleichen erwähnten. Sie belegten nur Tiefflüge einer Bomberstaffel auf dem Weg nach Prag, weitab von Dresden, und einen Luftkampf zwischen US-Begleitjägern und deutschen Jägern bei Dresden am Mittag des 14. Februar. Bergander folgerte:
„Bei einer Verfolgungsjagd in Bodennähe können Geschossgarben auch im Boden einschlagen, und es ist ganz natürlich und psychologisch verständlich, dass Menschen im Freien Maschinengewehrsalven als auf sich abgefeuert erleben.“
Auch Sven Felix Kellerhoff nahm 2007 an, dass Dresdner Zeugen ihre Erinnerung mit Fremdberichten von Tieffliegerangriffen verschmolzen haben.
Auch Schnatz schloss nächtliche Tiefangriffe am 13. Februar 1945 aus, da sich tieffliegende Jagdflugzeuge und höher fliegende Bomber während der Bombardierung gegenseitig gefährdet hätten und der Feuersturm nach dem ersten Nachtangriff Tiefflug über der brennenden Innenstadt unmöglich gemacht habe. Bei den folgenden Tagesangriffen hätten die Begleitjäger, wie bei US-Operationen typisch, eigene Angriffe allenfalls nach dem Abflug der Bomber starten können. Auch das hält Schnatz wegen der dichten Bewölkung und begrenzten Treibstoffmenge für unwahrscheinlich. Er überprüfte die damaligen Befehlsketten der RAF und USAAF und stellte fest: Die alliierten Begleitjäger sollten beim Ausbleiben eines Luftkampfs sonst nahe Bodenziele angreifen. Doch weder Militärbefehle noch Pilotenaussagen noch Angaben der Nationalsozialisten in Meldungen oder Totenscheine erwähnen Tieffliegerangriffe in Dresden. Der 8. US Air Force wurde explizit verboten, im Luftraum Dresden einzugreifen. Ein RAF-Befehl an die amerikanischen Mustangs, den Straßenverkehr in Dresdens Umgebung zu beschießen, um das Chaos zu vergrößern, habe sich auf Gelegenheitsziele entlang des Rückwegs nach England bezogen.
Gegen diese Forschungsergebnisse protestierten im Jahr 2000 viele Dresdner Zeitzeugen. So wurde Schnatz bei der Vorstellung seines Buchs gestört.
Die Dresdner Historikerkommission befragte bis 2005 164 Zeitzeugen zu Tieffliegern am 13. und 14. Februar 1945, von denen 103 genauere Zeit- und Ortsangaben dazu machten. Nur sechs fragliche Freiflächen waren mit Metalldetektoren überprüfbar. Der beauftragte Kampfmittelräumdienst fand dort keine Geschosse, die sich auf Tieffliegerangriffe zurückführen ließen. Nach diesem Forschungsergebnis wird direkter Beschuss von Flüchtenden in Dresden weitestgehend ausgeschlossen.
Erzählerische Dramatisierung
Bis heute werden die Luftangriffe auf Dresden in Erlebnisberichten, Dokumentationen, Romanen und Spielfilmen verarbeitet. Kurt Vonnegut, der als US-Kriegsgefangener die Bombardierung Dresdens miterlebte, schrieb dazu den Roman Slaughterhouse Five, der nach dem Städtischen Vieh- und Schlachthof im Ostragehege benannt ist. Alexander McKee, britischer Kriegsberichterstatter, veröffentlichte einen Erlebnisbericht mit dem deutschen Untertitel „Das deutsche Hiroshima“. Axel Rodenberger gab seine Sammlung von Augenzeugenberichten von 1951 mitsamt seinen Kommentaren 1995 neu heraus.
Matthias Neutzner zufolge stellten solche Erzählungen die Angriffe häufig als plötzliche, unerwartete, sinnlose Zerstörung einer einzigartigen und unschuldigen Stadt kurz vor dem absehbaren Ende des Krieges dar. Dies habe dazu beigetragen, dass sich in derkollektiven Erinnerung der Ereignisse ein emotionaler Kern verfestigte. Die Bombardierung Dresdens wurde im Englischen zu einer festen sprichwörtlichen Wendung: Like Dresden bezeichnet ein verheerendes Feuer oder die Zerstörung von Kulturgütern. Die als prächtige Residenz weithin bekannte, nahezu unbeschädigte Stadt sei aber auch im Februar 1945 noch ein kriegswichtiges Ziel gewesen und nicht allein „die unschuldige Kulturschöne“.
Forschung zu Opferzahlen Die NS-Behörden hielten die Berichte über geborgene Tote geheim und lancierten zugleich übertriebene Zahlen an die Auslandspresse, die sie dann wiederum zitierten. So brachten sie sechsstellige Opferzahlen in Umlauf, auf die sich Rechtsextremisten und Geschichtsrevisionisten bis heute berufen.
Die schwedische Zeitung Svenska Morgonbladet vermutete am 17. Februar 1945 „gegenwärtig … 100.000“, am 27. Februar 1945 „näher bei 200.000“ Tote. 1948 erwähnte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz über 275.000 „gemeldete“ Tote im Raum Dresden. Die Zahl beruhte auf ungeprüften Angaben von NS-Behörden; der Rote-Kreuz-Gesandte hatte nur Kriegsgefangenenlager außerhalb der Stadt besucht und keine schriftlichen Dokumente über Todesopfer erhalten. Axel Rodenberger schrieb 1951 von 350.000 bis 400.000 Toten, die ein ungenannter „Leiter des Propagandaamts“ nach Berlin gemeldet habe. F.J.P. Veale schrieb 1954 in Der Barbarei entgegen von 300.000 bis 500.000 Toten. David Irving schätzte 1963 in seinem Buch Der Untergang von Dresden bis zu 250.000 Tote und blieb in späteren Auflagen bei einer unbelegten Schätzung von 135.000 Toten, die Hanns Voigt, 1945 Leiter der Dresdner Vermisstennachweis-Zentrale, ihm 1961 mitgeteilt habe.
Hans Dollinger schrieb 1973 von 250.000, Rolf Hochhuth 1974 mit Berufung auf Irving von 202.000, die Süddeutsche Zeitung 1975 von 135.000, Die Welt von „250.000 oder gar 400.000“ Toten.
Der ehemalige Dresdner Generalstabsoffizier Eberhard Matthes behauptete in einem 1989 bis 1992 verfassten Bericht: Auf einen „Führerbefehl“ vom 30. April 1945 habe man nach Rücksprache mit allen Dresdner Dienststellen dem Führerbunker in seinem Beisein telefonisch 35.000 (nach Bergander: 3.500) identifizierte, 50.000 identifizierbare und 168.000 unkenntliche Leichen, also insgesamt 253.000 Tote gemeldet. Damalige Dresdner Wehrmachtsvertreter mit Direktkontakt zum Führerbunker gaben jedoch an, nie solche Zahlen gehört zu haben, und bestritten, dass Adolf Hitler am Tag seines Suizides noch eine solche Meldung angefordert hätte. Wolfgang Schaarschmidt folgte 2005 erneut der unbelegten Schätzung von Hanns Voigt.
Interne NS-Dokumente stellten die spekulativen Zahlen in Frage. Die Zeitung Das Reich sprach am 4. März 1945, als Bergungsergebnisse schon vorlagen, von „zehntausenden“ gefundenen Toten. Goebbels sprach bei einer Konferenz in Görlitz am 6. März 1945 nach Berichten von Teilnehmern von „40.000“ Todesopfern, für die Hitler ebenso viele alliierte Piloten ermorden wolle. Eine „Schlussmeldung“ des „Befehlshabers der Ordnungspolizei Berlin“ stellte am 22. März 1945 fest:
18.375 Gefallene, 2212 Schwerverwundete, 13.718 Leichtverwundete.
Von den Toten seien 50 % identifizierbar; die „Gesamtzahl der Gefallenen einschl. Ausländer“ wurde „auf etwa 25.000 geschätzt“. Ein am selben Tag erlassener Tagesbefehl 47 berichtet von 20.204 geborgenen Toten und schätzt, dass sich diese Zahl wahrscheinlich auf 25.000 erhöhen werde. Dieses Dokument wurde 1966 im Bundesarchiv Koblenz entdeckt und erwies eine bislang bekannte Version davon, bei der an alle Zahlen eine Null anhängt worden war, als Fälschung. David Irving, der sich darauf gestützt hatte, räumte seinen Irrtum in einem Leserbrief an die Times am 7. Juli 1966 ein. Eine weitere Lagemeldung vom 3. April 1945 schrieb von 22.096 bis zum 31. März 1945 geborgenen Gefallenen. Bis 1966 fand man bei Bauarbeiten in der Stadt noch weitere 1858 Leichen.
Historiker konnten die Zahlen der bei den Luftangriffen Getöteten lange Zeit nicht genauer eingrenzen, weil auch andere Zahlen nicht oder nicht genau bekannt waren:
- wie viele Einwohner und welche Siedlungsdichte die Dresdner Innenstadt im Februar 1945 hatte,
- wie viele Dresdner sich damals als Soldaten, KZ-Häftlinge oder Flüchtlinge außerhalb des Stadtgebiets befanden, etwa aus Furcht vor Fliegerangriffen, Raumnot oder Nahrungsknappheit,
- wie viele Flüchtlinge aus dem Osten sich im Februar 1945 in der Innenstadt aufhielten,
- wie viele Menschen bei den Angriffen getötet, aber wegen der Kriegssituation von keinem Angehörigen gemeldet wurden,
- wie viele Getötete nicht aufgefunden, verschüttet oder vollständig verbrannt wurden.
Forschungen der 1970er Jahre dazu begrenzten die Einwohnerzahl auf etwa 700.000, die der damaligen Flüchtlinge im Großraum Dresden auf 200.000, von denen maximal 85.000 in Notunterkünften der Innenstadt Platz finden konnten. Berücksichtigt wurden auch die Kinderlandverschickung seit 1944, ein Zuzugsverbot und die Anweisung, nicht in der Innenstadt zu übernachten. Auf dieser Basis schätzten die meisten Historiker bis 1993 35.000, höchstens 40.000 Dresdner Todesopfer.]
1993 fand man im Stadtarchiv Dresden Akten des Bestattungs- und Marstallamtes, die rund 25.000 bis zum 17. April 1945 beigesetzte Tote aufführten. Darin waren schon viele Opfer der Tagesangriffe am 14. und 15. Februar 1945 enthalten. Daher widersprach Stadtarchivar Friedrich Reichert 1994 der verbreiteten Annahme, die meisten Toten seien nicht mehr identifizierbar gewesen, und schätzte höchstens 25.000 Todesopfer als „nahe an endgültig“ ein.
Im November 2004 berief Oberbürgermeister Ingolf Roßberg eine Historikerkommission unter der Leitung von Rolf-Dieter Müller. Sie sollte bis zum 800. Stadtjubiläum 2006 eine möglichst verlässliche Gesamtzahl der Getöteten ermitteln, umGeschichtsfälschungen zu begegnen. Sie arbeitete ergebnisoffen und zog außer den bekannten Dokumenten auch bis dahin unberücksichtigte Akten städtischer Ämter, neue archäologische Befunde und Zeitzeugenberichte heran, zu denen sie die Bevölkerung aufrief. Nach vorübergehender Arbeitseinstellung wegen Mittelkürzungen gab die Kommission am 17. März 2010 ihren Abschlussbericht bekannt. Neu ausgewertet wurden etwa Aktenbestände von Stadtbauamt, Marstall- und Bestattungsamt, Ernährungs-, Fürsorge- und Kriegsschädenamt sowie der Oberbauleitung Enttrümmerung. Über Akten der Ausgabestellen für Nahrungsbezugsscheine nach Kriegsende ließ sich die Einwohnerzahl Dresdens nach den Angriffen erstmals genauer bestimmen. Grabungen im Stadtzentrum ergaben seit 1993, dass fast alle kriegszerstörten Keller nach den Angriffen begehbar waren und geräumt wurden. Nur etwa ein Fünftel davon wies feuergerötete Sandsteine auf, die auf Brandtemperaturen wie beim Feuersturm an der Oberfläche hinwiesen.
Man fand Überreste von 14 Toten, die wahrscheinlich durch solche Feuer umkamen. Unbezeugte Tote können statistisch nur einen Bruchteil der bis 1945 insgesamt von Standesämtern und Suchdiensten registrierten für tot erklärten und vermissten deutschen Zivilisten ausmachen. Durch elektronische Datensammlung wurden erstmals alle verfügbaren Bergungsnachweise, Unterlagen der Friedhöfe und Standesämter, Akten der Amtsgerichte zu Toterklärungen und weitere erfasst. So konnten sie miteinander und mit den Wohn- und Bergungsorten der Luftkriegstoten verglichen und überprüft werden.
Auf diese Weise ermittelte die Kommission bis November 2009 eine Mindestzahl von 18.000 und eine Höchstzahl von 25.000 durch die Luftangriffe getöteten Menschen. Höhere Totenzahlen seien weder vom historischen Verlauf der Luftangriffe her noch durch Dokumente, Erinnerungen oder Statistiken belegbar.[85] Nach dem Fund von Dokumenten, die 20.100 Tote namentlich und 2600 unbekannte Tote als bestattet nachweisen, korrigierte die Kommission im April 2010 die Mindest-, nicht jedoch die Höchstzahl der Todesopfer.
Militärische, ethische und rechtliche Bewertungen
Die Luftangriffe auf Dresden gelten oft als Paradebeispiel für eine verfehlte Luftkriegsführung der Alliierten, die primär der Zivilbevölkerung gegolten und keine kriegsentscheidende Bedeutung gehabt habe. Bezweifelt wird, dass die Angriffe primär Dresdens militärische Infrastruktur treffen sollten. Dagegen sprächen die Abwurfstellen der Zielmarkierungen, der nächtliche Abwurf von Stabbrandbomben auf die Altstadt und der Umstand, dass Flughafen, Fabriken und Kasernen im Norden der Stadt weniger stark beschädigt wurden. Zudem wird behauptet, Dresden sei etwa wegen des Abzugs der Flak militärisch schutz- und bedeutungslos gewesen.
Dem wird entgegengehalten, dass punktgenaue Bombenabwürfe damals wegen fehlender Zielradartechnik und Wetterabhängigkeit noch erschwert waren. Gerade die schlechte Trefferquote bei Punktzielen war 1943 Anlass zur Verstärkung der Flächenbombardements. Andererseits soll die RAF an der Westfront mit neuer Radarausrüstung zu zielgenaueren Treffern gekommen sein, die den Vormarsch der alliierten Bodentruppen entscheidend begünstigt hätten. Mit dem H2S-Radar stand der RAF und der USAAF seit Januar 1943 ein Zielradar zur Verfügung.
Die alliierte Luftkriegsstrategie war in Großbritannien ethisch und rechtlich von Beginn an umstritten, wurde aber seit der Luftschlacht um England nur selten öffentlich kritisiert. Dass die britischen Städtebombardierungen Völkerrecht brechen, die ethischen Grundlagen der westlichen Zivilisation bedrohen und die Chancen zur künftigen Versöhnung mit den Deutschen zerstören, vertrat im House of Lords ab Februar 1943 vehement und wiederholt der anglikanische Bischof George Bell. Neben ihm opponierten nur noch zwei Abgeordnete der Labour Party im House of Commons gegen das area bombing.
Die Haager Landkriegsordnung von 1907 hatte den Unterzeichnerstaaten, darunter Großbritannien und Deutschland, den Angriff auf zivile Ziele, damit auch auf Innenstädte, verboten. Der Artikel 25 bestimmte: „Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen.“ Über weitere Ausführungen des für den Landkrieg konzipierten Völkerrechts wurde 1922/23 beraten und explizite Regeln für den Luftkrieg entworfen. Der neue Artikel 22 lautete: „Das Luftbombardement zur Terrorisierung der Zivilbevölkerung und Zerstörung oder Beschädigung von Privateigentum nichtmilitärischen Charakters ist verboten.“ Dieser Entwurf wurde nicht als völkerrechtlicher Vertrag ratifiziert. Die Diskussion um die „Haager Luftkriegsregeln“ nach 1923 hatte aber eine gewisse gewohnheitsrechtliche Bindung bewirkt: International anerkannt war der Ausschluss von Terrorangriffen. Diese Bindung war den USA und Großbritannien im Blick auf Dresden bewusst, da sie stets hervorhoben, sie hätten keine Terrorangriffe beabsichtigt und ausgeführt. Die USAAF und die RAF bezeichneten Dresden 1945 anhand von umfangreichem Material als „legitimes militärisches Ziel“.
Heutige Historiker fragen zum einen, ob das moral bombing zusammen mit dem Abwurf von Millionen von Flugblättern Risse zwischen Volk und Führung erzeugen und die Kampfmoral der Deutschen brechen konnte oder aber eher das Gegenteil erreichte, zum anderen, ob der Luftkrieg in den letzten Kriegsmonaten überhaupt noch primär militärische Zwecke verfolgte.
Gerd R. Ueberschär beschrieb 2001 die Bombardierung Dresdens als Bruch des damaligen Kriegsvölkerrechts. Sie habe keine Schlacht um die Stadt entschieden und auch das Kriegsende nicht beschleunigt. Dabei grenzte er sich von geschichtsrevisionistischen Propagandalügen ab. Jörg Friedrich beschrieb die Bombardierungen vieler deutscher Städte 2002 aus der Sicht der Betroffenen und als schon vor den letzten Kriegsmonaten militärisch sinnlose, beabsichtigte Massenvernichtung. Sein Buch fand Zustimmung auch bei Vertretern der Neuen Rechten und Kritik bei anderen Historikern. Frederick Taylor belegte 2004 erneut die kriegswirtschaftliche Bedeutung der Industrie Dresdens, die Pläne der Deutschen an der Ostfront und Absprachen der Alliierten mit den Sowjets. Er stellte fest, dass die Deutschen den Luftkrieg eröffnet und rücksichtslos geführt hatten, so dass den Briten damals nur noch die Bomber als Offensivwaffe blieben. Er sprach den Angriffen damit eine militärische Rationalität zu, schloss aber nicht aus, dass sie auch Kriegsverbrechen gewesen sein könnten.
Der Ethiker Thomas A. Cavanaugh nannte die Angriffe 2006 mit Bezug auf das Prinzip der Doppelwirkung als Beispiel für ein illegitimes „Terrorbombardement“, bei dem das Töten von Zivilisten unmittelbares Ziel und kein unbeabsichtigter Nebeneffekt gewesen sei. Der britische Philosoph A. C. Grayling beurteilte das area bombing der Royal Air Force 2006 als militärstrategisch sinnlos und rechtlich wie ethisch als Kriegsverbrechen. Geschichtsrevisionistischen Missbrauch dieser Beurteilung schloss er aus: „Selbst wenn die alliierte Bomberoffensive teilweise oder völlig moralisch verwerflich gewesen sein sollte, reicht dieses Unrecht auch nicht annähernd an die moralische Ungeheuerlichkeit des Holocaust heran.“
Ob 1945 eine Strafverfolgung der Verantwortlichen für den Luftkrieg möglich gewesen wäre, wird wegen der damals fehlenden übernationalen Rechtsinstanz bezweifelt. Nach dem seit 1977 auch von Großbritannien und Deutschland ratifizierten Zusatzprotokoll zur Genfer Konvention ist eine flächendeckende Städtebombardierung verboten. Jedoch ist dieses Verbot juristisch nicht rückwirkend anwendbar.
Kirche
Am 13. Februar 1946 gegen 22:00, dem ersten Jahresdatum der nächtlichen Luftangriffe, kletterten zwei Schuljungen auf den Turm der Kreuzkirche und läuteten deren Glocken. Seitdem läuten jedes Jahr an diesem Tag um 21:45 Uhr – dem Zeitpunkt des damaligen Fliegeralarms – alle Dresdner Kirchenglocken. 1995, zum 50. Jahrestag der Angriffe, wurde eine Glockensinfonie unter Einbeziehung aller Dresdner Glocken gespielt. Der KreuzkantorRudolf Mauersberger schuf 1947 das Dresdner Requiem zum Gedenken an die Zerstörung der Stadt.
Unmittelbar nach dem Kriegsende hatte die Anglikanische Gemeinde der britischen StadtCoventry, deren St Michael’s Cathedral im November 1940 deutsche Luftangriffe vollständig zerstört hatten, Kontakt mit Dresdner Kirchengemeinden aufgenommen. 1956 begann die Partnerschaft zwischen beiden Städten. 2002 trafen Gäste aus Coventry mit Dresdner Partnern zusammen, um unter dem Motto „Brücken bauen – Versöhnung leben“ ein Zeichen gegenKrieg und Hass zu setzen.
Die Begegnung fand an der Baustelle der Dresdner Frauenkirche statt, deren Wiederaufbau1990 begonnen hatte. Sie ist inzwischen mit Hilfe von intensiven Spendensammlungen vor allem britischer und deutscher Fördervereine vollständig wiedererbaut und zum Mittelpunkt der Versöhnungsarbeit geworden. Das „Cross of Nails“ (Nagelkreuz von Coventry), bestehend aus drei mittelalterlichenZimmermannsnägeln der am 14. November 1940 zerstörten alten Kathedrale von Coventry, wurde seither zum berühmten Symbol einer internationalen Gemeinschaft, die heute in weltweit 160 von Bombardierungen betroffenen Gemeinden, davon 52 in Deutschland, existiert. Seit dem 13. Februar 2005 gehört die Frauenkirche Dresden dazu.
DDR
Seit der Gründung der DDR 1949 wurde der Toten von Dresden jährlich im ganzen Staat gedacht. Nach geänderten politischen Propagandavorgaben trat die Frage nach der Schuld der Deutschen am Krieg zurück. Die Luftangriffe auf Dresden wurden nun als militärstrategisch wirkungs- und bedeutungslose, barbarische und kulturfeindliche Bombardements den Westalliierten angelastet. Dieser Vorgabe folgte Dresdens Bürgermeister Walter Weidauer 1949, indem er allein die Westmächte der verbrecherischen und militärisch unnötigen Bombardierung Dresdens beschuldigte und ihnen entgegen den heute bekannten Tatsachen unterstellte, sie hätten der Sowjetunion ein unnötig zerstörtes Ostdeutschland hinterlassen wollen. Mit aus der NS-Propaganda übernommenen Ausdrücken sprachen DDR-Politiker etwa von „anglo-amerikanischen Luftgangstern“, die Dresden bewusst zerstört hätten, um die Stadt nicht in sowjetische Hände fallen zu lassen. Der Vorsitzende der NDPD, Lothar Bolz, bewertete 1953 die Zerstörung Dresdens als Beleg „für die enge Verwandtschaft der amerikanischen Rüstungsmilliardäre mit dem Nationalsozialismus, ihre Verwandtschaft im barbarischen Denken wie im barbarischen Handeln. Die Ruinen unserer Städte und die Leichen, die unter ihnen begraben sind, verdanken wir Amerika und England…“
Zudem behauptete der vormalige sächsische Ministerpräsident Max Seydewitz seit 1955 in seinem Dresdenbuch Die unbesiegte Stadt, die deutschamerikanischen Besitzer der Villa San Remo in Dresden, Charles und John H. Noble, hätten die alliierten Luftflotten mit einem Sender nach Dresden gelotst.
Ein unabhängiges Gedenken begannen kirchliche Friedensgruppen in der DDR. Zum 13. Februar 1982 riefen Dresdner Christen angesichts zunehmender Militarisierung des DDR-Alltags erstmals mit illegalen Flugblättern zum stillen Gedenken gegen den Krieg an den Trümmern der Frauenkirche auf. Dieser Aufruf führte zu schweigenden Zusammenkünften von DDR-Bürgerrechtlern an jedem 13. Februar in den 1980er Jahren an der Ruine. Staatliche Versuche, diese Treffen zu verhindern, hatten kaum Erfolg.
Zum 40. Jahrestag der Luftangriffe 1985 gab es erstmals wieder zentrale Staatsfeierlichkeiten in der Innenstadt. Die Frauenkirche blieb dagegen Ort gesellschaftskritischer Proteste. Beide Seiten berücksichtigten die deutsche Kriegsschuld, deutsche Terrorangriffe und den Holocaust als Angriffsursachen sowie deren eventuelle militärische Notwendigkeit nur unzureichend. Erst seit der politischen Wende in der DDR 1989 setzten sich die Stadtvertreter vor allem während der Jahrestage der Luftangriffe intensiver mit deren Vorgeschichte auseinander.
Rechtsextremisten Gegenproteste mit Nationalfahnen der alliierten Siegermächte sowie Israels Am 13. Februar 1990 stellte der britische Holocaustleugner David Irving die Luftangriffe vor etwa 500 zustimmenden Zuhörern in Dresden als Völkermord der Alliierten und den Holocaust als ihre Erfindung dar. Damit gab er Neonazis in der DDR Auftrieb.
Ab 1998 benutzten immer mehr Rechtsextremisten das jährliche Gedenken für ihre Propaganda. 1998 versuchten 30 bis 40 junge Neonazis zur Frauenkirche zu gelangen, wurden dabei von der Polizei eingekesselt und sangen Protestlieder. Im Jahr darauf waren es etwa 200 Rechtsextremisten, die sich unter die trauernden Dresdner Bürger mischten und ihrerseits zahlreiche mit deutschnationalen Farben und Symbolen geschmückte Kränze an den Bauzäunen der im Wiederaufbau befindlichen Frauenkirche niederlegten.
Im Jahr 2000 organisierte erstmals die Junge Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) einen eigenen nächtlichen „Trauermarsch“ unter dem Motto „Ehre den Opfern des Bombenterrors“, an dem etwa 500 Personen teilnahmen, darunter bekannte Rechtsextremisten wie Franz Schönhuber, Horst Mahler und Gert Sudholt. Von 2001 bis 2004 stieg die Teilnehmerzahl dieser Veranstaltung von 750 auf etwa 2100 an. Im Jahr 2005 lagen Organisation und Anmeldung dieses Gedenkmarsches in den Händen der NPD, die dabei eine „rechte Volksfront“ zur Schau stellte. Nachdem Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) die ihm für 2005 angetragene Schirmherrschaft abgelehnt hatte, übernahm Holger Apfel (NPD) diese. Am 13. Februar 2005 demonstrierten etwa 6500 Rechtsextremisten in einem mehrstündigen Marsch durch die Dresdner Innenstadt.
Diese jährlichen Märsche gehörten seither zu den größten regelmäßigen bundesweiten Veranstaltungen von Rechtsextremisten. Sie dienten der Machtdemonstration und Vernetzung von Angehörigen und Anhängern aller deutschen rechtsextremen Parteien, neonazistischer Freier Kameradschaften, einiger Vertriebenenverbände sowie ausländischen rechten Personen und Organisationen.
Das dabei benutzte Propagandaschlagwort „Bombenholocaust“ löst die Angriffe aus ihrem historischen Kontext, setzt sie mit dem Holocaust gleich, klagt die Westalliierten als Kriegsverbrecher an, behauptet ihre besondere Grausamkeit und lastet ihnen die eigentliche Kriegsschuld an. Damit bestreiten Rechtsextremisten die ursächlichen Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands und betreiben eine Täter-Opfer-Umkehr.
Am 13. Februar 2007 nahmen etwa 1.500 Personen am „Trauermarsch“ teil, zu dem JLO, NPD und regionale rechtsextreme Gruppen aufgerufen hatten. Eine zudem geplante „Aktionswoche“ sollte deutsche Kriegsverbrechen vergessen machen. 2010 konnten etwa 5000 Neonazis, 3000 weniger als erwartet, ihren Marsch nicht durchführen und mussten sich auf eine Standkundgebung vor dem Bahnhof Dresden-Neustadt beschränken: Zum Teil geduldete, zum Teil gewaltsam geräumte Blockaden tausender Gegendemonstranten bewirkten, dass die Polizei den Marsch auf keiner möglichen Route absichern konnte und ihn darum untersagte und unterband. Auch 2011 wurde der geplante Aufmarsch von Neonazis durch diverse Blockaden in der Stadt verhindert. Die Speicherung von Handydaten tausender Gegendemonstranten stieß auf starke Kritik in Politik und Medien. 2012 zog die JLO sich aus der Organisation des Marsches zurück; die NPD mobilisierte kaum dafür. Etwa 13.000 Gegendemonstranten erreichten, dass die etwa 1000 angereisten Rechtsextremisten nur auf einer verkürzten Route demonstrieren konnten.
Stadt
Der Dresdner Stadtrat, Vereine, Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Verbände und Partnergemeinden riefen zu den letzten Jahrestagen zum gemeinsamen Gedenken an die Angriffe und an alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft auf. Die deutsche Kriegsschuld könne nicht mit Kriegsverbrechen anderer aufgewogen, in keiner Weise angezweifelt oder relativiert werden. Versöhnung sei die einzige Option für eine friedliche Zukunft. Alle Dresdner seien eingeladen, sich zu beteiligen. So reihen städtische Plakate seit dem 60. Jahrestag der Angriffe am 13. Februar 2005 Dresden in eine Liste anderer durch Bombenangriffe (auch von Deutschen) zerstörter Städte wie Guernica, Warschau, Coventry und Leningrad ein.
Die Stadtverwaltung erließ in manchen Jahren ein Versammlungsverbot für den 13. Februar in der Innenstadt, um Zusammenstöße von Rechtsextremisten und Gegendemonstranten zu verhindern. Antifa-Gruppen warfen ihr wiederholt vor, dem jährlichen Neonaziaufmarsch einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen und aktiven Gegenprotest anders als andere Städte auch mit rechtsstaatlich umstrittenen Mitteln zu unterbinden. 2010 hob ein Verwaltungsgericht ein städtisches Durchzugsverbot für Rechtsextreme durch die Innenstadt auf. 2011 hob der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen ein 2010 beschlossenes sächsisches Versammlungsgesetz, das Demonstrationsverbote an bestimmten Brennpunkten in Dresden erleichtern sollte, als verfassungswidrig auf.
2007 nahmen etwa 4000 Personen an einer Gegendemonstration unter dem Motto „Geh Denken“ teil. 2009 protestierten über 10.000 Menschen gegen den jährlichen Neonazi-Aufmarsch. 2010 bildeten etwa 10.000 Dresdner eine Menschenkette um die Altstadt, um diese symbolisch von Neonazis abzuschirmen. Die Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) erinnerte daran, „wer diesen verdammten Krieg losgetreten hatte“, und rief dazu auf, Dresden „zu einer Festung gegen Intoleranz und Dummheit“ zu machen, um sich rechtsextremem Missbrauch des Gedenkens entgegenzustellen.[123] 2010 wurde der Dresden-Preis gestiftet, der jährlich am 13. Februar vergeben wird. Im gleichen Jahr wurde auf dem Heidefriedhof die Skulptur Trauerndes Mädchen am Tränenmeer von Małgorzata Chodakowska zur Erinnerung an die Opfer des 13. Februar 1945 enthüllt.
Am 13. Februar 2011 beteiligten sich etwa 17.000 Bürger weitgehend störungsfrei an den städtischen Gedenkveranstaltungen. Die Polizei speicherte am 18. und 19. Februar 2011 rechtswidrig eine Million Handy-Verbindungsdaten zur Erfassung von Teilnehmern der Anti-Nazi-Demonstration und fragte die Datensätze von insgesamt 54.782 Personen ab.
Literatur
Gesamtdarstellungen
- Götz Bergander: Dresden im Luftkrieg. Vorgeschichte – Zerstörung – Folgen. (1. Auflage 1977) Böhlau, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Weimar 1994, ISBN 3-412-10193-1.
- Frederick Taylor: Dresden, Dienstag, 13. Februar 1945. Militärische Logik oder blanker Terror? Bertelsmann, München 2004, ISBN 3-570-00625-5
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Quellen: wikipedia.org, news.lv
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