Air-France-Flug 4590

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25.07.2000
Zusätzliche Information

Auf Flug 4590 der Air France verunglückte am 25. Juli 2000 bei Gonesse eine Concorde kurz nach dem Start vom Flughafen Paris-Charles de Gaulle. Alle 109 Insassen sowie vier Personen am Boden kamen ums Leben, eine weitere Person am Boden wurde schwer verletzt.

Fluggerät und Besatzung

Die Concorde der Serie 101 (Air France) mit der Fabriknummer 203 (3. Maschine der Hauptserie) wurde am 24. Oktober 1979 durch Air France übernommen und trug das Luftfahrzeugkennzeichen F-BTSC. Zum Zeitpunkt des Absturzes hatte das Flugzeug 11.989 Flugstunden und 4873 Flüge absolviert. Der letzte D-Check hatte am 1. Oktober 1999 stattgefunden, der letzte planmäßige A-Check am 21. Juli 2000. Seit der letzten Wartung hatte F-BTSC vier Flüge durchgeführt, am 25. Juli war es als Reserve vorgesehen und wurde kurzfristig als Ersatz eingesetzt. Das Flugzeug war flugbereit und es gab keine bekannten Defekte.

Der Flugkapitän hatte eine Erfahrung von insgesamt 13.477 Flugstunden (darunter 5.495 als Kommandant), davon 317 auf der Concorde (284 als Kommandant). Der Erste Offizier verfügte über eine Erfahrung von 10.035 Flugstunden, davon 2.698 auf der Concorde. Zur Besatzung gehörten außerdem ein Flugingenieur, eine Kabinenchefin und fünf Flugbegleiter.

Bis zu diesem Vorfall war noch keine Concorde abgestürzt.

Unfallhergang

Fünf Minuten vor dem Start des Fluges 4590 hatte eine McDonnell Douglas DC-10 der Continental Airlines einen 435 mm langen und 34 mm breiten Legierungsstreifen aus Titan auf der Startbahn verloren. Die eigentlich vorgeschriebene Überprüfung der Startbahn vor dem Start der Concorde wurde nicht durchgeführt. Beim Beschleunigen auf der Startbahn schnitt dieses Teil einen Reifen des Fahrwerkes der Concorde auf, woraufhin dieser platzte. Ein größeres Reifenstück (4,5 kg schwer) schlug dann mit hoher Geschwindigkeit (140 m/s) gegen die Flügelunterseite und beschädigte das Fahrwerk. Obwohl die Kerosintanks nicht durchschlagen wurden, bewirkte die Schockwelle des Einschlages doch einen Riss des Tanks Nr. 5, welcher direkt über dem Fahrwerk liegt. Weitere Teile des Reifens beschädigten die Fahrwerkselektrik. Wahrscheinlich entstanden an der beschädigten Elektrik des Fahrwerks Funken, die den austretenden Treibstoff entzündeten. Zum Zeitpunkt der Entzündung verloren Triebwerk 1 und 2 sämtlichen Schub, Triebwerk 1 konnte sich jedoch in den nächsten Sekunden zunächst wieder erholen. Im Cockpit schaltete der Flugingenieur auf Anweisung des Kapitäns Triebwerk 2 ab.

Nachdem Flug 4590 bereits die V1-Geschwindigkeit überschritten hatte, war ein Abheben zwingend. Die verbliebenen drei Triebwerke reichten allerdings nicht aus, um ausreichend Geschwindigkeit für einen Steigflug zu gewinnen, da das Fahrwerk aus unbekannten Gründen nicht eingezogen werden konnte. Mit einer konstanten Geschwindigkeit von 200 Knoten (103 m/s) konnte die Concorde die erreichte Flughöhe von 200 Fuß nicht überschreiten. Das Feuer breitete sich unterdessen weiter aus und führte zum Zerfall der linken Tragfläche. Triebwerk 1 fiel an diesem Zeitpunkt endgültig aus. Durch den asymmetrischen Schub hob sich die rechte Tragfläche an, bis die Concorde eine Schräglage von über 100° erreichte. Die Besatzung versuchte noch, durch Rücknahme des Schubes der Triebwerke 3 und 4 die Schräglage auszugleichen, verlor dabei aufgrund der zu niedrigen Fluggeschwindigkeit aber die Kontrolle. Eine Minute nach dem Start schlug die Concorde auf ein Hotel in der Nähe des Flughafens und brannte aus.

Die Besatzung hatte versucht, auf den nahe gelegenen Flughafen Le Bourget auszuweichen. Es wird von Sachverständigen allerdings bezweifelt, dass eine sichere Landung angesichts der Flugroute des Fluges 4590 möglich gewesen wäre.

Die letzten Aufzeichnungen des Cockpit Voice Recorder (übersetzt aus dem Französischen; Zeitangaben in UTC, Sekunden ohne Nachkommastellen):

14:44:14 Kopilot: „Le Bourget, Le Bourget, Le Bourget.“

14:44:14 Kapitän: „Zu spät (undeutlich).“

14:44:18 Kapitän: „Keine Zeit, nein (undeutlich).“

14:44:22 Kopilot: „Negativ, wir versuchen Le Bourget.“

14:44:24 Schaltergeräusche

14:44:26 Kopilot: „Nein (undeutlich).“

14:44:27 Schaltergeräusche und Beginn der Bewegung von Gegenständen im Cockpit

14:44:31 Ende der Aufzeichnung

Untersuchung und Gerichtsverfahren

Der Abschlussbericht der französischen Untersuchungsbehörde kam zu dem Schluss, dass der Metallstreifen auf der Startbahn Auslöser des Absturzes war. Der Metallstreifen habe sich von einer Klappe am Hecktriebwerk der DC-10 der Continental Airlines gelöst. Er sei am 9. Juli 2000 in Houston eingebaut worden, nachdem er zuvor bereits im Juni in Tel Aviv ausgetauscht worden war. Weder Herstellung noch Einbau des Streifens habe den Vorgaben des Herstellers entsprochen. Das Gewicht der Concorde lag zwar eine Tonne über dem Höchstabfluggewicht, dies habe aber lediglich vernachlässigbaren Einfluss auf den Startablauf gehabt. Der strukturelle Schaden sei so groß gewesen, dass auch bei normaler Triebwerksleistung ein Absturz unvermeidlich gewesen wäre.

Der Prozess um den Absturz begann am 2. Februar 2010 in Pontoise bei Paris mit der Verlesung der Namen der Opfer. Die Staatsanwaltschaft des Strafgerichts warf der US-Fluggesellschaft Continental und fünf weiteren Angeklagten fahrlässige Tötung vor. Am 6. Dezember 2010 verurteilte das Gericht die Continental Airlines und einen Mechaniker der Fluggesellschaft wegen fahrlässiger Tötung. Die Fluggesellschaft muss 200.000 Euro Geldstrafe bezahlen. Als Schadenersatz muss sie eine Million Euro an Air France zahlen. Der Mechaniker erhielt 15 Monate auf Bewährung. Er wurde jedoch in zweiter Instanz freigesprochen. Vier weitere Angeklagte wurden freigesprochen, darunter auch der damalige Chef des Concorde-Programms Henri Perrier.

Reaktionen auf das Urteil

Von internationalen Beobachtern wurde das Urteil zum Teil als tendenziös kritisiert. In der Geschichte der Concorde war es schon mehrfach zu schwerwiegenden Problemen mit den Reifen gekommen. Aufgrund der nötigen hohen Start- und Landegeschwindigkeit waren die Reifen außerordentlichen Belastungen ausgesetzt. Am 14. Juni 1979 platzten beim Start einer Concorde vom Flughafen Washington zwei Reifen des linken Fahrwerks. Teile der Hydraulik wurden durch umherfliegende Reifenteile beschädigt und ein Treibstofftank bekam ein Leck. Das Fahrwerk konnte nicht mehr eingezogen werden und die Concorde musste wieder in Washington landen. Am 16. September 1980 platzte beim Start der Concorde G-BOAF (British Airways) in Washington ein Reifen. Reifenteile beschädigten bei der Landung die Triebwerke und das Flugwerk. Am 19. Februar 1981 platzte beim Start der Concorde F-BTSD (Air France) in Washington ein Reifen am linken Fahrwerk. Die Concorde wurde daraufhin aufgrund deutlicher Vibrationen nach New York JFK umgeleitet. Am 25. Oktober 1993 platzte beim Start einer Concorde von British Airways in London-Heathrow aufgrund eines Defekts am Bremssystem ein Reifen. Umherfliegende Teile beschädigten den Treibstofftank. Am 15. Juli 1993 platzte bei der Landung von Concorde 102 (British Airways) in London-Heathrow ein Reifen aufgrund der Blockade des Bremssystems am rechten Fahrwerk. Durch umherfliegende Trümmerteile wurden der rechte Tragflügel, Hydraulikleitungen und das Triebwerk Nr. 3 beschädigt. Als Lösung der Reifenprobleme wurden eine deutliche Verstärkung der Reifen bzw. eine stärkere Abschirmung der Unterseite der Concorde, zum Schutz vor umherfliegenden Trümmerteilen, vorgeschlagen. Beides hätte jedoch eine deutliche Gewichtssteigerung für das Flugzeug bedeutet, so dass diese Maßnahmen nicht umgesetzt worden waren.

Mehrere Zeugen hatten während des Prozesses ausgesagt, dass der Reifen bei dem Unglück schon vor dem Überfahren des fraglichen Metallteils geplatzt sei. Beobachter kritisierten, dass diese Zeugenaussagen bei der Urteilsfindung keine ausreichende Berücksichtigung gefunden hätten. Die Vorsitzende Richterin habe den „Mythos Concorde“ erhalten wollen und daher alle Schuld der US-amerikanischen Fluggesellschaft zugeschoben. Der Anwalt von Continental Airlines Olivier Metzner kündigte an, das Urteil anzufechten und äußerte die Ansicht, dass die Entscheidung nur die Interessen der französischen Wirtschaft schütze.

Alternative Unglücksursache

Unabhängig von dem Metallteil auf der Startbahn als alleinige Unfallursache sprachen mehrere Faktoren gegen eine sichere Flugdurchführung. Vier Tage vor dem Unglück wurde bei einer Wartung ein Distanzring (sog. Spacer) nicht wieder am linken Hauptfahrwerk eingebaut. Dieser Distanzring wird benötigt, um die Lager des Fahrwerkes an der richtigen Position zu halten; verrutschen diese, wird das gesamte Hauptfahrwerk nicht mehr korrekt geführt. Dies belastet die bereits am Limit arbeitenden Reifen mehr als ohnehin schon. Das Flugzeug war um 1,7 t überladen (1,2 t nicht benötigter Taxifuel, 500 kg Gepäck). Dies bedingt eine höhere Abhebegeschwindigkeit, auch dies belastet die Reifen noch weiter. Der Kapitän entschied sich, mit 8 kt Rückenwind zu starten, was wiederum eine höhere Abhebegeschwindigkeit relativ zur Startbahn bedingt und eine nochmals höhere Belastung der Reifen zur Folge hat.

Berufungsverfahren

Am 29. November 2012 sprach ein französisches Berufungsgericht in Versailles die mittlerweile zu United Continental fusionierte US-amerikanische Fluggesellschaft von der strafrechtlichen Verantwortung am Absturz frei. Dennoch muss das Unternehmen 1 Mio. Euro Schadensersatz an die Concorde-Eigentümerin Air France sowie eine Summe von 300.000 Euro an weitere Parteien zahlen. Ebenfalls wurden zwei ehemalige Continental-Mitarbeiter und ein früherer Verantwortlicher der französischen Luftfahrtbehörde DGAC freigesprochen.

Folgen des Unglücks

Air France stellte nach dem Unglück den Flugbetrieb der Concorde ein, die britische Zivilluftfahrtbehörde CAA erließ eine Lufttüchtigkeitsanweisung für den Flugzeugtyp. Erst nach zahlreichen Konstruktionsänderungen erlangte die Concorde wieder die Verkehrszulassung. Am 26. November 2003 fand der letzte Flug mit einer Concorde der British Airways von London-Heathrow ins Luftfahrt-Museum in Filton statt.

Insassen und Opfer

Flug AF4590 war ein Charterflug im Auftrag der Peter Deilmann Reederei. 99 der 100 Passagiere befanden sich auf dem Weg nach New York, um an einer Kreuzfahrt mit der Deutschland durch die Karibik teilzunehmen. Hundertster Passagier war ein deutsch-amerikanischer ehemaliger Air-France-Angestellter. An Bord waren neun Crew-Mitglieder (acht Franzosen, eine Deutsche), darunter Kapitän Christian Marty, Kopilot Jean Marcot und Flugingenieur Gilles Jardinaud. Die 99 Deutschland-Passagiere waren 96 Deutsche, zwei Dänen und eine Österreicherin. 42 der deutschen Opfer stammten aus Nordrhein-Westfalen, unter ihnen der Fußballtrainer Rudi Faßnacht und seine Ehefrau Sigrid, 13 davon aus Mönchengladbach. Niemand an Bord überlebte.

Weiterhin starben vier Angestellte des Hotels, auf das die Concorde stürzte (zwei Polinnen, eine französisch-algerische Doppelstaatsbürgerin sowie eine Staatsangehörige von Mauritius indischer Herkunft), sechs weitere wurden leicht verletzt.

33 weitere Deilmann-Kunden waren bereits am Morgen mit dem Concorde-Linienkurs nach New York geflogen.

 

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