Zygmunt Bauman
- Geburt:
- 19.11.1925
- Tot:
- 09.01.2017
- Lebensdauer:
- 91
- PERSON_DAYS_FROM_BIRTH:
- 36188
- PERSON_YEARS_FROM_BIRTH:
- 99
- PERSON_DAYS_FROM_DEATH:
- 2899
- PERSON_YEARS_FROM_DEATH:
- 7
- Zusätzliche namen:
- Zygmunt Bauman
- Kategorien:
- , KGB, Kommunist, Offizier, Opfer der Repression (Völkermord) des sowjetischen Regimes, Philosoph, Professor, Soziologe, Teilnehmer des Zweiten Weltkriegs
- Nationalitäten:
- jude
- Friedhof:
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Zygmunt Bauman (geboren am 19. November 1925 in Posen, Polen; † 9 Januar 2017 in Leeds) war ein polnisch-britischer Soziologe und Philosoph.
Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges lebte Bauman im westpolnischen Posen. Bei der deutschen Besetzung floh seine jüdische Familie in die Sowjetunion. Dort besuchte er ein Internat und trat der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol bei. 1942 begann Bauman ein Studium in Gorki. 1944 wurde er mobilisiert, als Inspektor der Miliz nach Moskau abkommandiert und später als politischer Offizier in ein aus deportierten Polen bestehendes Regiment unter sowjetischen Oberbefehl berufen. Zwischen 1945 und 1953 war er politischer Offizier (zuletzt als Major) im Korpus Bezpieczeństwa Wewnętrznego (Internes Sicherheitskorps des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit), das u.a. den polnischen antikommunistischen Widerstand bekämpfte. Gleichzeitig war er in den Jahren 1945–1948 unter dem Decknamen „Semjon“ als ein Agent des Militärischen Informationsdienstes (Informacja Wojskowa) registriert.
Nach 1956 promovierte er und habilitierte sich 1960 an der Universität Warschau. Dort lehrte er ab 1954 Soziologie. Anfang Januar 1968 trat er aus Protest aus der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei aus, deren Mitglied er seit seinen Studienzeiten gewesen war. Nach den März-Unruhen 1968 und der einsetzenden antisemitischen Hetzkampagne verlor er seine Anstellung an der Universität Warschau und emigrierte nach Israel.
1971 erhielt Bauman einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Soziologie an der University of Leeds in Großbritannien, den er bis 1990 innehatte. Er wurde seit Ende der 1980er Jahre vor allem mit Studien über den Zusammenhang zwischen der Kultur der Moderne und dem Totalitarismus, vor allem dem deutschen Nationalsozialismus und dem Holocaust weltweit auch über die Grenzen des Fachs bekannt. Für Bauman war der Holocaust einer von mehreren Wegen, die die europäische Aufklärung einschlagen konnte. Indem er den Holocaust zum integralen – grundsätzlich jederzeit wiederholbaren – Bestandteil der europäischen Moderne erklärte, gelang ihm gleichsam dessen „Historisierung“. In seine Arbeiten zur Entstehung des Holocaust aus der nach nationalen Kriterien geordneten Staatenwelt der Moderne flossen Thesen des Politologen Benedict Anderson ein.
Während Bauman in den 1990er Jahren zahlreiche Arbeiten zum Diskurs der Postmoderne vorlegte, befasst er sich heute vor allem mit der neuartigen Kontingenz, die die Lebensverhältnisse der „liquiden“, d. h. „verflüssigten“ Moderne kennzeichnet. Zur Betonung des „flüssigen“ Zustandes der Gegenwart charakterisiert Bauman den Unterschied zwischen der „schweren“ Moderne und der „leichten“ Postmoderne, exemplarisch an dem Phänomen der Macht. In Anlehnung an den Entwurf des Panopticon als Schlüsselmetapher moderner Machtverhältnisse von Michel Foucault bezeichnet Bauman den heutigen Zustand der Macht als „post-panoptisch“.[4] Macht bewegt sich für Bauman in der Postmoderne mit der Geschwindigkeit elektronischer Signale, ist also schwer greifbar, exterritorial und physisch unabhängig. Sie rinnt im Sinne von Bauman durch Raum und Zeit, aber vor allem hält sie sich nicht an die nationalen Grenzen, die einst in der Moderne durch Kriege, Grenzkontrollen und von Machtblöcken streng verteidigt wurden.
Aufgrund politischer Ereignisse musste Bauman zweimal in seinem Leben auswandern bzw. flüchten. Vor den Nazis ist er zusammen mit seiner Familie 1939 in die Sowjetunion geflohen und kämpfte als polnischer Soldat gegen die Wehrmacht. Bauman hat tiefgreifende Erfahrungen mit Krieg, Nationalsozialismus, Stalinismus und Demokratie durchlebt, die er in seinen Theorien vor dem Hintergrund aktueller Transformationsprozesse thematisiert. Totalität, Überwachung, Herrschaft, Ausgrenzung und Anpassung sind immer wiederkehrende Themenmotive in seinen Werken.
Heute lebt Bauman als emeritierter Professor noch immer in Leeds und geht seiner Publikationstätigkeit nach. Er war mit der Autorin Janina Bauman (gestorben 2009) verheiratet. Seit ihrem Tod lebt er mit Aleksandra Jasińska-Kania, der Tochter des ehemaligen polnischen stalinistischen Parteichefs Bolesław Bierut, zusammen.
Auszeichnungen
Bauman erhielt 1989 den Amalfi-Preis sowie 1998 den Theodor-W.-Adorno-Preis. 2010 wurde er mit dem Prinz-von-Asturien-Preis in der Kategorie Kommunikation und Humanwissenschaften (gemeinsam mit Alain Touraine) geehrt. 2013 verweigerte Bauman die Annahme der Ehrendoktorwürde der Universität Breslau, nachdem es Vorwürfe gegeben hatte, er habe sich nie für seine Mitwirkung im stalinistischen Repressionsapparat entschuldigt. 2014 verlieh ihm die Deutsche Gesellschaft für Soziologie den Preis für ein „hervorragendes wissenschaftliches Lebenswerk“; Laudator war Ulrich Beck.
Werke
Polnische Periode- 1957: Zagadnienia centralizmu demokratycznego w pracach Lenina [Fragen des demokratischen Zentralismus in den Werken Lenins]. Warszawa: Książka i Wiedza.
- 1959: Socjalizm brytyjski: Źródła, filozofia, doktryna polityczna [Der britische Sozialismus: Quellen, Philosophie, politische Doktrin]. Warszawa: Państwowe Wydawnictwo Naukowe.
- 1960: Klasa, ruch, elita: Studium socjologiczne dziejów angielskiego ruchu robotniczego [Klasse, Bewegung, Elite: Eine soziologische Studie zur Geschichte der englischen Arbeiterbewegung]. Warszawa: Państwowe Wydawnictwo Naukowe.
- 1960: Z dziejów demokratycznego ideału [Aus der Geschichte des demokratischen Ideals]. Warszawa: Iskry.
- 1960: Kariera: cztery szkice socjologiczne [Karriere. Vier soziologische Skizzen]. Warszawa: Iskry.
- 1961: Z zagadnień współczesnej socjologii amerykańskiej [Fragen der modernen amerikanischen Soziologie]. Warszawa: Książka i Wiedza.
- 1962 (mit Szymon Chodak, Juliusz Strojnowski, Jakub Banaszkiewicz): Systemy partyjne współczesnego kapitalizmu [Parteisysteme des modernen Kapitalismus]. Warsaw: Książka i Wiedza.
- 1962: Społeczeństwo, w którym żyjemy [Die Gesellschaft, in der wir leben]. Warsaw: Książka i Wiedza.
- 1962: Zarys socjologii. Zagadnienia i pojęcia [Umriss der Soziologie. Fragen und Begriffe]. Warszawa: Państwowe Wydawnictwo Naukowe.
- 1963: Idee, ideały, ideologie [Ideen, Ideale, Ideologien]. Warszawa: Iskry.
- 1964: Zarys marksistowskiej teorii społeczeństwa [Umriss der marxistischen Gesellschaftstheorie]. Warszawa: Państwowe Wydawnictwo Naukowe.
- 1964: Socjologia na co dzień [Soziologie für den Alltag]. Warszawa: Iskry.
- 1965: Wizje ludzkiego świata. Studia nad społeczną genezą i funkcją socjologii [Visionen einer menschlichen Welt. Studien über die gesellschaftliche Genese und Funktion der Soziologie]. Warszawa: Książka i Wiedza.
- 1966: Kultura i społeczeństwo. Preliminaria [Kultur und Gesellschaft. Preliminarien]. Warszawa: Państwowe Wydawnictwo Naukowe.
- 1972: Between Class and Elite. The Evolution of the British Labour Movement. A Sociological Study. Manchester: Manchester University Press ISBN 0-7190-0502-7, (polnisches Original 1960)
- 1973: Culture as Praxis. London: Routledge & Kegan Paul. ISBN 0-7619-5989-0.
- 1976: Socialism: The Active Utopia. New York: Holmes and Meier Publishers. ISBN 0-8419-0240-2.
- 1976: Towards a Critical Sociology: An Essay on Common-Sense and Emancipation. London: Routledge & Kegan Paul. ISBN 0-7100-8306-8.
- 1978: Hermeneutics and Social Science: Approaches to Understanding. London: Hutchinson. ISBN 0-09-132531-5.
- 1982: Memories of Class: The Pre-history and After-life of Class. London/Boston: Routledge & Kegan Paul. ISBN 0-7100-9196-6.
- c1985 Stalin and the peasant revolution: a case study in the dialectics of master and slave. Leeds: University of Leeds Department of Sociology. ISBN 0-907427-18-9.
- 1987: Legislators and interpreters – On Modernity, Post-Modernity, Intellectuals. Ithaca, N.Y.: Cornell University Press. ISBN 0-8014-2104-7.
- 1988: Freedom. Philadelphia: Open University Press. ISBN 0-335-15592-8.
- 1989: Modernity and The Holocaust. Ithaca, N.Y.: Cornell University Press. ISBN 0-8014-2397-X
(dt. Übers. Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust, Hamburg: Europäische Verlagsanstalt, 1992. ISBN 3-434-50015-4.) - 1990: Paradoxes of Assimilation. New Brunswick: Transaction Publishers.
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(dt. Übers. Vom Nutzen der Soziologie, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2000, ISBN 3-518-11984-2.) - 1991: Modernity and Ambivalence. Ithaca, N.Y.: Cornell University Press. ISBN 0-8014-2603-0.
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- 1997: Postmodernity and its discontents. New York: New York University Press. ISBN 0-7456-1791-3.
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- 1997: (mit Roman Kubicki, Anna Zeidler-Janiszewska) Humanista w ponowoczesnym świecie – rozmowy o sztuce życia, nauce, życiu sztuki i innych sprawach [Ein Humanist in der postmodernen Welt – Gespräche über die Kunst des Lebens, die Wissenschaft, das Leben der Kunst und andere Themen]. Warszawa: Zysk i S-ka. ISBN 83-7150-313-X.
- 1998: Work, consumerism and the new poor. Philadelphia: Open University Press. ISBN 0-335-20155-5.
- 1998: Globalization: The Human Consequences. New York: Columbia University Press. ISBN 0-7456-2012-4.
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(dt. Übers. Die Krise der Politik. Fluch und Chance einer neuen Öffentlichkeit, Hamburg: Hamburger Edition 2000, ISBN 3-930908-60-3.) - 2000: Liquid Modernity. Cambridge: Polity Press ISBN 0-7456-2409-X.
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- 2011: Jochen Rack: Leben und Konsum. Gespräch mit Zygmunt Bauman. In: Sinn und Form 4/2011, S. 532–543
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(dt. Übers. Die Angst vor den anderen. Ein Essay über Migration und Panikmache. Suhrkamp, Berlin, ISBN 978-3-518-07258-5.)
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