Alfred Jarry

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Geburt:
08.09.1873
Tot:
01.11.1907
Lebensdauer:
34
PERSON_DAYS_FROM_BIRTH:
55021
PERSON_YEARS_FROM_BIRTH:
150
PERSON_DAYS_FROM_DEATH:
42549
PERSON_YEARS_FROM_DEATH:
116
Zusätzliche namen:
Альфред Жарри, Alfreds Žarī, Alfred Jarry
Kategorien:
Dichter, Dramaturgen
Nationalitäten:
 französisch
Friedhof:
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Alfred Jarry (* 8. September 1873 in Laval, Département Mayenne (Bretagne), Frankreich; † 1. November 1907 in Paris) war ein französischer Schriftsteller.

Biografie

Jarry entstammte einer relativ wohlhabenden bretonischen Bürgerfamilie. Nach der Schulausbildung in Saint-Brieuc, Rennes und am Lycée Henri IV in Paris, bewarb er sich mehrmals vergeblich um die Aufnahme an der École normale supérieure. Ein anschließend begonnenes Philologiestudium an der Sorbonne beendete er ebenfalls ohne Abschluss, um sich des Weiteren im Milieu der Pariser Bohème mit literarischen Produktionen aller Genres sowie literatur- und theaterkritischen Essays zu verdingen. Beispielsweise inspirierte ihn die Lektüre von H. G. Wells' Die Zeitmaschine zu einem Essay über den Bau einer „machine à explorer le temps“. Eigenen Aussagen zufolge wurden seine in dieser Phase entstehenden Werke darüber hinaus von der evolutionären Philosophie Henri Bergsons (seines Philosophielehrers am Lycée Henri-IV) und von den Romanen François Rabelais' beeinflusst.

Im Juni 1896 wurde Jarry vom Intendanten Lugné-Poe zum Sekretär am Théâtre de l'Oeuvre ernannt und war fortan mit Verwaltungsaufgaben, Öffentlichkeitsarbeit und Programmgestaltung betraut. Am Théâtre de l'Œuvre wurde auch bald darauf Jarrys wohl bekanntestes Werk, das grotesk-komische Drama König Ubu inszeniert, dessen Uraufführung am 10. Dezember 1896 zu einem der berühmtesten Skandale der französischen Theatergeschichte wurde. Nach Ubus initialem Ausruf „Merdre“ (eine Verballhornung aus merde = Scheiße, ins Deutsche mal als Schreiße, Schleiße, Scheitze oder Schoiße übersetzt) musste die Vorstellung aufgrund von handfesten Tumulten für mehrere Minuten unterbrochen werden. Die Kritiken in der bürgerliche Presse waren entsprechend vernichtend und nötigten Jarry zu mehreren rechtfertigenden Stellungnahmen. Ab 1898 erschienen in verschiedenen literarischen Periodika Fragmente des Romans Heldentaten und Ansichten des Doktor Faustroll, der als Gründungsdokument der „’Pataphysik“, der Wissenschaft von den imaginären Lösungen gilt und Jarrys Nachruhm maßgeblich mitbegründete (vgl. Collège de ’Pataphysique). Allerdings blieben ihm künstlerische Anerkennung und finanzieller Erfolg weiterhin verwehrt.

 

Jarry mit Fahrrad

 

Im November 1896 erstand Jarry zum Preis von 525 Francs ein Fahrrad des Typs „Clément luxe 96“ (seinerzeit Ausdruck einer unerhörten Modernität), das fortan zu seinem Markenzeichen wurde und ihn bis zu seinem Tod begleiten sollte.

Aufgrund der andauernden Nichtbeachtung seiner Werke durch die literarische Öffentlichkeit führte er nun zunehmend ein Außenseiterdasein am Rande des Existenzminimums. Im Bemühen, die Grenze zwischen Realität und Literatur zu verwischen, entwickelte er auffällige Schrullen und Idiosynkrasien, beispielsweise näherte er sich in Sprachduktus und Gebaren seiner Hauptfigur Ubu an, und erging sich in antibürgerlichen Exzessen. So schoss er zum Beispiel während eines Gala-Diners mehrmals mit einer mit Platzpatronen geladenen Pistole auf einen ihm besonders unliebsamen Gast.

Alfred Jarry starb am 1. November 1907 im Alter von 34 Jahren an einer tuberkulösen Meningitis. Der letzte von ihm überlieferte Satz soll die Bitte um einen Zahnstocher gewesen sein. Nach seinem Tod wurde Jarrys Biographie immer mehr vom Mythos des Bürgerschrecks und des von Gläubigern gejagten „poète maudit“ überlagert.

Werke

  • „König Ubu“ 1896 (dt. von Marlis Pörtner und Paul Pörtner, Zürich 1959)
  • „Ubu in Ketten (frz.: Ubu enchaîné)“ 1900 (dt. von Marlis Pörtner und Paul Pörtner, München 1970)
  • „Ubu Hahnrei (frz.: Ubu cocu)“ (dt. von Marlis Pörtner und Paul Pörtner, München 1970)
  • „Messalina“ 1900 in Fortsetzungen in der Zeitschrift La Revue Blanche, 1901 Buchausgabe (dt. von Brigitte Weidmann, München 1971)
  • „Der Supermann“ 1902 (dt. von Greta Tüllmann und Renate Gerhardt, Berlin 1969)
  • „Heldentaten und Ansichten des Doktor Faustroll“, erschienen in Folgen an verschiedenen Orten 1898-1903, vollständig erst 1911 (dt. von Irmgard Hartig und Klaus Völker, Berlin 1969)
  • „Spekulationen“ , 227 Spekulationen sind zwischen 1901 und 1903 in verschiedenen Zeitschriften erschienen, groteske Kurzprosa (Auswahl dt. von verschiedenen Übersetzern, Hamburg/Zürich 1988)
  • „Tage und Nächte - Roman eines Deserteurs“ (dt. von Eugen Helmlé, München 1985)
  • Gesammelte Werke. Herausgegeben von Klaus Völker. 11 Bände: Ubu Rex. Stücke und Schriften.(dt. von Heinz Schwarzinger); Der Übermann (dt. von Heribert Becker); Die grüne Kerze/Spekulationen (dt. von Eugen Helmlé); Die Tage und die Nächte (dt. von Wolfgang Sebastian Baur); Die Dragonerin (dt. von Frank Heibert); Minutengläser mit Gedächtnissand/Cäsar Antichrist (dt. von Ludwig Harig); Die Liebe auf Besuch/Die andere Alkestis/Die absolute Liebe (dt. von Eugen Helmlé); Doktor Faustroll (dt. von Klaus Völker); Messalina (dt. von Grete Osterwald); Der Großwindbeutel des Papstes/Pantagruel (dt. von Frank Heibert); Rhoidis, Die Päpstin Johanna. Übersetzt aus dem Griechischen von Alfred Jarry und Jens Salta. Frankfurt/M., Zweitausendeins 1987/1993.

Theaterästhetik

In der systematischen Durchbrechung der bestehenden Theaterkonventionen, welche die Uraufführung von König Ubu zu einem derartigen Skandalon werden ließ, manifestiert sich nicht nur Jarrys prononcierter Hang zur Provokation, sondern auch die von ihm vertretene, radikal neue Theaterästhetik, die er in verschiedenen programmatischen Texten dargelegt hat. Jarry wandte sich sowohl vom deklamierenden Sprech- oder Ideentheater klassischer Prägung, als auch von einer naturalistischen Abbildung der Realität ab und forderte stattdessen ein radikal a-mimetisches, vom Marionettentheater inspiriertes „théâtre-action“.

Figuren: Jarrys Figuren zeichnen sich durch eine ins Typenhafte gesteigerte Entpsychologisierung und Entpersonalisierung aus. Sie lassen sich meist durch einen geringen Satz an Merkmalen erschöpfend charakterisieren, ihr Handeln ist oft von Irrationalität und Akausalität geprägt, sie sind wandlungs- und lernunfähig. Dies wird äußerlich durch das Tragen von Gesichtsmasken repräsentiert, die zusammen mit einer monotonen, artifiziellen Stimmlage und einem jeweils figurentypischen Bewegungsmuster eine maximale Distanz zwischen der konkreten Persönlichkeit des Schauspielers und der zeitlosen „Persona“ der künstlerischen Figur herstellen sollen.

Dekor: Da ihm ein realistisches Bühnendekor als überflüssiger Ballast für die Einbildungskraft erschien, versuchte Jarry die traditionelle Illusionsbühne hin zu einem a-mimetischen Bühnendekor zu überwinden, das nicht nur weit entlegene Orte, sondern auch Innen- und Außenräume unmittelbar ineinssetzt. Konkrete Ortsangaben sollten über Hinweisschilder gegeben werden (hierbei berief sich Jarry u.a. auf das elisabethanische Theater), Türen und Kulissen wurden teils durch Statisten ersetzt, die ihre jeweilige Funktion durch suggestive Bewegungen vermittelten.

Publikum: Das Publikum betreffend unterschied Jarry zwischen der dumpfen, künstlerisch „illiteraten“ Masse und einer kleinen Zahl an verständigen Eingeweihten, seinen eigentlichen Adressaten. Ein genuines Publikum für seine radikale Kunst müsse erst noch entstehen.

Wirkung

Nach seinem Tod gerieten Jarrys Werke außerhalb gewisser künstlerisch-elitärer Kreise weitgehend in Vergessenheit und wurden erst nach dem II. Weltkrieg wiederentdeckt. Wirkungsgeschichtlich gehört er zu den wichtigsten Vorläufern und Bezugsgrößen des Surrealismus, des Dadaismus und v.a. des absurden Theaters. James Graham Ballard, Antonin Artaud sowie zahlreiche bedeutende Autoren aus dem Umkreis des Collège de ’Pataphysique und des Oulipo (Raymond Queneau, Boris Vian, Eugène Ionesco, Julio Cortázar etc.) zählten ihn zu ihren literarischen Vorbildern. Mit der Figur des machtgierigen, feigen, abjekten Bourgeois Père Ubu schuf er einen quasi-mythischen Anti-Helden, der Eingang in das literarische Figurenarsenal der Avantgarde und – in Form des Adjektivs „ubuesque“ – sogar ins französische Alltagsvokabular fand.

 

Ursache: wikipedia.org

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