John Demjanjuk

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Dzimšanas datums:
03.04.1920
Miršanas datums:
17.03.2012
Mūža garums:
91
Dienas kopš dzimšanas:
38002
Gadi kopš dzimšanas:
104
Dienas kopš miršanas:
4416
Gadi kopš miršanas:
12
Pirmslaulību (cits) uzvārds:
Iwan Mykolajowytsch Demjanjuk
Papildu vārdi:
Iwan Demianiuk, Джон Демьянюк, John Demjanjuk, Ivans Demjaņuks, «Иван Грозный», Иван Николаевич, Іван Миколайович Дем'янюк
Kategorijas:
Kara noziedzinieks
Tautība:
 ukrainis
Kapsēta:
Norādīt kapsētu

John Demjanjuk, geboren als Iwan Mykolajowytsch Demjanjuk (ukrainisch Іван Миколайович Дем'янюк, wiss.Transliteration Ivan Mykolajovyč Demjanjuk; * 3. April 1920 in Dubowi Macharynzi, Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik; † 17. März 2012 in Bad Feilnbach), war während des Zweiten Weltkrieges ein ukrainischer Soldat der Roten Armee und diente nach seiner Gefangennahme durch die deutsche Wehrmacht im Jahr 1942 als Hilfswilliger. Er gehörte zu den Hilfstruppen der SS, die Personal für den Betrieb der Konzentrationslager stellten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte Demjanjuk aus Deutschland in die USA. Von dort wurde er 1986 nach Israelüberstellt, wo er wegen seiner angeblichen Verbrechen im Vernichtungslager Treblinka zum Tode verurteilt wurde. 1993 wurde dieses Urteil vom israelischen Berufungsgericht aufgehoben, weil Demjanjuk verwechselt worden war, und er kehrte in die USA zurück. 2009 wurde Demjanjuk nach Deutschland ausgeliefert und dort als erster und bisher einziger nichtdeutscher untergeordneter NS-Befehlsempfänger vor Gericht gestellt. Am 12. Mai 2011 erfolgte vom Landgericht München II eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord in tausenden Fällen im Vernichtungslager Sobibor zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Dabei konnte Demjanjuk keine konkrete Tat individuell zugeschrieben werden, aber das Gericht betrachtete bereits seinen Dienst in Sobibor 1943 als ausreichend für eine Verurteilung, da Demjanjuk dort „Teil der Vernichtungsmaschinerie“ gewesen sei. Das Urteil wurde bis zu Demjanjuks Tod nicht rechtskräftig, da Verteidigung und Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hatten.

Leben

Bis Kriegsende

Nach Abschluss einer vierjährigen Schulzeit arbeitete Demjanjuk als Traktorist in einer Kolchose. 1940 wurde er von der Roten Armee eingezogen. Im Mai 1942 geriet er bei der Schlacht von Kertsch in deutsche Kriegsgefangenschaft.

 Demjanjuk kam in ein Kriegsgefangenenlager bei Chełm, wo er vermutlich als sogenannter Hilfswilliger rekrutiert wurde. Er wurde im SS-Außenlager Trawniki ausgebildet und anschließend von der SS vereidigt. Seine erste Aufgabe war die Bewachung jüdischer Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft. Kurz darauf war Demjamjuk vermutlich im KZ Majdanek tätig. Welche Aufgabe er dort genau hatte, ist nicht geklärt. Am 27. März 1943 wurde er vermutlich in das Vernichtungslager Sobibor abkommandiert, wo er als einer von etwa 130 Hilfswilligen unter dem Kommando von 20 bis 30 Deutschen gedient hat  und zur Außensicherung des Vernichtungslagers eingesetzt worden sein soll. Anfang Oktober 1943 wurde er in das bayerische KZ Flossenbürg versetzt. Vor Kriegsende diente Demjanjuk vermutlich noch kurze Zeit in der auf deutscher Seite kämpfenden Russischen Befreiungsarmee, der sog. Wlassow-Armee.

Nach dem Krieg

Im Mai 1945 stellte sich Demjanjuk im Lager für Displaced Persons in Landshut vor. Im Juli 1947 war er Lastwagenfahrer für die US Truck Company 1049 in Regensburg und heiratete die Ukrainerin Wera, die er in einem DP-Lager kennengelernt hatte. Über Bad Reichenhall und Feldafing kam er am 14. September 1949 nach Ulm, wo laut Geburtsregister am 7. April 1950 in der als DP-Lager genutzten Sedankaserne seine Tochter Lydia geboren wurde. Im Oktober 1950 versuchte Demjanjuk über das Resettlement Center in Ludwigsburg in die USA auszuwandern, kehrte aber wegen des Verdachtes, er sei an Tuberkuloseerkrankt, nach Ulm zurück. Am 29. Januar 1952 reiste die Familie schließlich über Bremerhaven in die USA aus. Dort änderte Demjanjuk seinen Vornamen von Iwan auf John. Im November 1958 erhielt er die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Er lebte mit seiner Frau zunächst in Indiana, später in Seven Hills,Cuyahoga County, Ohio, wo er als Automechaniker arbeitete.

1975 schickte die sowjetische Regierung an US-Senatoren eine Liste mit 70 Namen angeblicher NS-Kollaborateure, die nach Amerika emigriert waren, einer der Namen war der Demjanjuks.

Im Sommer 1976 veröffentlichte eine in New York erscheinende ukrainische Zeitschrift die Aussage Ignat Daniltschenkos, eines verurteilten Sobibor-Wächters, er habe gemeinsam mit Demjanjuk Dienst in Sobibor versehen. 1977 gelangten die US-Behörden an eine Kopie seines Dienstausweises, auf dem seine Einsatzorte verzeichnet sind. Darüber hinaus fanden die Ermittler eine Verlegungsliste, die bestätigt, dass Demjanjuk am 27. März 1943 an die Dienststelle Sobibor abkommandiert worden war. Deshalb wurde Demjanjuk 1981 die amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt.

Etwa zur gleichen Zeit meldeten sich in Israel Überlebende des Vernichtungslagers Treblinka, die auf Fotos von John Demjanjuk den als „Iwan der Schreckliche“ berüchtigten Wärter zu erkennen glaubten.

Prozess in Israel

 

Der angeklagte Demjanjuk 1988

Im Oktober 1983 stellte Israel ein Auslieferungsersuchen an die USA, dem am 27. Januar 1986 stattgegeben wurde. Am 25. Februar 1987 begann die Verhandlung in Jerusalem. Der Prozess wurde zu einem internationalen Medienereignis. Im Prozess sagte Demjanjuk aus, er sei über Jahre ein einfacher Kriegsgefangener gewesen. Angesichts der Zustände im Lager bei Chelm wurde ihm nicht geglaubt, dass er dort so lange überlebt haben konnte. Das Bezirksgericht hielt sich deshalb an die Zeugenaussagen von fünf Überlebenden aus Treblinka und an zwei nicht ganz deutliche Erklärungen von SS-Angehörigen. Es hatte keine Zweifel, dass Demjanjuk der berüchtigte Treblinka-Massenmörder „Iwan der Schreckliche“ war, und verurteilte ihn am 25. April 1988 wegen Mordes zum Tode.

Demjanjuk legte gegen das Urteil Berufung ein. Bei Recherchen, die durch die Auflösung der Sowjetunion möglich wurden, fanden die Ermittler Aussagen von 37 in der UdSSR verurteilten Treblinka-Wächtern. Aus diesen ging hervor, dass der Nachname von „Iwan dem Schrecklichen“ im Lager Treblinka nicht Demjanjuk, sondern Martschenko gewesen sein soll. Zudem stellte sich heraus, dass das dem Justizministerium der Vereinigten Staaten unterstellte Office of Special Investigations (OSI) bereits vor dem Ausbürgerungsverfahren Unterlagen zurückgehalten hatte, die darauf hindeuten, dass es sich bei „Iwan dem Schrecklichen“ nicht um John Demjanjuk, sondern um Iwan Martschenko handele. Am 29. Juli 1993 sprach der Oberste Gerichtshof Israels Demjanjuk einstimmig frei. Die Richter hatten „begründete Zweifel“, ob John Demjanjuk als „Iwan der Schreckliche“ in Treblinka tätig war. Demjanjuk kam nach siebenjähriger Haft zurück in die USA, obwohl ihn das Gericht für einen Sobibor-Aufseher hielt – deswegen war er aber nicht angeklagt und auch nicht ausgeliefert worden. 1998 bekam er seine US-amerikanische Staatsbürgerschaft zurück.

Prozess in den USA und Ausweisungsanordnung

2001 begann in den USA ein weiterer Prozess gegen Demjanjuk, in dem OSI-Chefermittler Edward Stutman das Gericht überzeugte, dass Demjanjuk während des Zweiten Weltkriegs in verschiedenen Konzentrationslagern als Wächter gedient hatte. Im Juni 2004 entschied ein US-amerikanisches Gericht, Demjanjuk die US-Staatsbürgerschaft erneut abzuerkennen.

Im Dezember 2005 wurde seine Abschiebung in die Ukraine angeordnet, wogegen sich Demjanjuk wehrte. Am 24. März 2009 gab die Einwanderungsbehörde bekannt, Kontakt mit der deutschen Regierung aufgenommen zu haben, um die für eine Auslieferung nach Deutschland notwendigen Dokumente zu erhalten. Die Staatsanwaltschaft München I warf Demjanjuk Beihilfe zum Mord an 29.000 Menschen im Vernichtungslager Sobibor vor.

Eine Abschiebung nach Deutschland versuchten Demjanjuks amerikanische Anwälte Anfang April 2009 zu verhindern. Am Ende der juristischen Auseinandersetzung wurde ein Aufschub der Auslieferung nach Deutschland durch John Paul Stevens, Richter am obersten Gericht der USA, im Mai 2009 abgelehnt.

Prozess in Deutschland

 Vorbereitungen

Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen führte gegen Demjanjuk ein Vorermittlungsverfahren durch. Sie sah es danach als erwiesen an, dass er zwischen März und September 1943 als Aufseher im Lager Sobibor an der Ermordung von „mindestens 29.000 Menschen“ mitgewirkt habe, darunter an 1.939 Deutschen. Anhand der Transportlisten wurden die Namen der Opfer ermittelt. Nach dem Kenntnisstand der Zentralen Stelle gab es keine Aussage, dass Demjanjuk Häftlinge eigenhändig ermordet habe. Sobibor war jedoch ein reines Vernichtungslager, Aufseher seien in allen Bereichen eingesetzt worden.

Die Zentrale Stelle gab im November 2008 die Akten an die Staatsanwaltschaft in München ab.[20] Der Bundesgerichtshof erklärte am 9. Dezember 2008, für das Verfahren sei das Landgericht München II zuständig.

Im Februar 2009 wurde vom Bayerischen Landeskriminalamt die Übereinstimmung des in den USA archivierten SS-Dienstausweises Demjanjuks mit einer Reihe weiterer vorliegender Ausweise dieser Art bestätigt. Die Münchner Staatsanwaltschaft I beantragte daraufhin am 11. März 2009 einen internationalenHaftbefehl gegen Demjanjuk, um eine Auslieferung nach Deutschland zu erreichen.

Am 12. Mai 2009 kam Demjanjuk in einem Lazarettflugzeug aus den USA in München an. Er wurde in die Krankenabteilung der Justizvollzugsanstalt Münchenüberstellt, wo ihm der Haftbefehl bekanntgegeben wurde. Demjanjuk wurde nach mehreren ärztlichen Untersuchungen für haftfähig erklärt. Er befand sich seitdem in Untersuchungshaft. Anfang Juli 2009 wurde bekannt, dass Demjanjuk von Ärzten als verhandlungsfähig eingestuft wurde, die Verhandlungsdauer pro Tag aber nicht mehr als zweimal 90 Minuten betragen dürfe.

Eine Verfassungsbeschwerde Demjanjuks wurde von der zweiten Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen. Demjanjuk sah seine Rechte durch die Auslieferung aus den Vereinigten Staaten verletzt, verfehlte jedoch die ausreichende Darlegung. Demjanjuk rügte die Umgehung des Auslieferungsverfahrensrechtes, wofür jedoch laut Bundesverfassungsgericht keine deutsche Zuständigkeit erkennbar sei.

In den Niederlanden formierten sich im April 2009 Angehörige der Opfer zu einer Gruppe, die beim Prozess in Deutschland als Nebenkläger auftrat.

Am 13. Juli 2009 wurde von der Staatsanwaltschaft München I Anklage gegen John Demjanjuk wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 27.900 Fällen erhoben.

Demjanjuks Rechtsanwalt Ulrich Busch kündigte im Oktober 2009 an, er werde Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Verhandlung vor dem Landgericht München II einlegen, um zu erreichen, dass Demjanjuk auf freien Fuß komme. Demjanjuk habe in Israel über sieben Jahre Haft verbüßt, eine höhere Strafe sei in Deutschland nicht zu erwarten, da die israelische Haft angerechnet werden müsse. Damit entfalle der deutsche Strafanspruch.[30]

Stellungnahmen vor Prozessbeginn

Professor Christiaan F. Rüter, Herausgeber der kommentierten Urteilssammlung Justiz und NS-Verbrechen, äußerte Bedenken gegen die Anklageerhebung, denn ihm sei „völlig schleierhaft, wie irgend jemand, der die deutsche Rechtsprechung bis jetzt kennt, meinen kann, dass man […] Demjanjuk bei dieser Beweislage verurteilen kann.“ Rüter bezeichnete den Prozess als einen Prozess gegen „den kleinsten der kleinen Fische“ und war überzeugt: „Um Demjanjuk würde sich niemand kümmern, wäre an ihm nicht der Geruch hängengeblieben, er sei ‚Iwan der Schreckliche‘ – der er nachweislich nicht ist.“

Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte die Auslieferung Demjanjuks und den Prozess. Die damalige Präsidentin Charlotte Knobloch betonte, dass der Prozess auch einen hohen symbolischen Stellenwert habe. „Gerade für Überlebende der Shoa ist es unerträglich, mit ansehen zu müssen, wie mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher, die keine Gnade für ihre Opfer kannten, Mitleid für sich einfordern oder gar eine Auslieferung mit Folter gleichsetzen.“

Der Nebenklägervertreter, Cornelius Nestler, Ordinarius für Strafrecht an der Universität zu Köln,[33] teilte im November 2009 vor Prozessbeginn mit, dass mindestens 35 Nebenkläger zugelassen würden, mehr als im ersten deutschen Auschwitzprozess 1963–1965 in Frankfurt am Main. Vier der zugelassenen Nebenkläger waren Überlebende des Vernichtungslagers Sobibor, andere Angehörige von Opfern. Gegen einen geladenen Zeugen wurden Vorermittlungen wegen des Verdachts der Beihilfe zum Mord eingeleitet. Der Zeuge Samuel K., der im Vernichtungslager Belzec von 1941 bis 1943 als Zugwachmann arbeitete, war wie Demjanjuk einer der Trawnikis, die die SS als Gehilfen für den Massenmord im besetzten Osteuropa anwarb und war „dringend verdächtig, Beihilfe zu der grausamen Ermordung von mindestens 434.000 Menschen geleistet zu haben“.

Prozessverlauf und Verurteilung

Der Prozess begann am 30. November 2009 und war ein juristisches Novum, weil erstmals in der bundesdeutschen Justizgeschichte ein nichtdeutscher untergeordneter NS-Befehlsempfänger ohne konkreten Nachweis einer Tat vor einem deutschen Gericht stand. Im Prozess, der auf zunächst 35 Verhandlungstage angesetzt war und immer wieder verlängert wurde, sagten zahlreiche Zeugen aus.

Von großer Bedeutung für das Verfahren war die Aussage des Gutachters Dieter Pohl vom Institut für Zeitgeschichte am 13. Januar 2010. Laut Pohl sei über das Verhalten der Trawniki-Männer nur sehr wenig bekannt. Die ausländischen Helfer seien jedoch durchgängig am Massenmord an den Juden beteiligt gewesen. Auch als Handwerker und zu Küchendiensten wurden sie eingesetzt. Im Fall der Flucht hätten Trawnikis mit der Todesstrafe rechnen müssen. Allerdings seien manche der Ergriffenen auch nur mit Arrest oder KZ-Haft bestraft worden. In einem Fall habe es einen gemeinsamen Fluchtversuch von zwei Trawnikis und fünf Gefangenen gegeben. Ein Gefangener und beide Trawnikis wurden von den Nazis gefasst und getötet.

Die jüdischen Überlebenden und Teilnehmer des Häftlingsaufstandes von Sobibor, Thomas Blatt und Philip Bialowitz, wurden am 19. Januar 2010 als Zeugen der Anklage vernommen. Die beiden Zeugen und zugleich auch Nebenkläger im Prozess waren Arbeitshäftlinge im Vernichtungslager Sobibor zu der Zeit, in der auch Demjanjuk dort als Wachmann gedient haben soll. Sie berichteten von ihren Erlebnissen in Sobibor, z. B. dass die Trawniki die Häftlinge mit Bajonetten in die Gaskammern trieben und mit ihrer starken Präsenz jeden Fluchtversuch der Häftlinge verhinderten. An Demjanjuk als Wachmann könnten sie sich jedoch nicht erinnern.

Am 2. Februar 2010 erfolgte eine Befragung des ehemaligen Chefermittlers der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, Thomas Walther. Laut Walther bedürfe der eherne Grundsatz im deutschen Strafverfahrensrecht, dass eine konkrete Tat ermittelt werden müsse, in dem speziellen Fall der industriell durchgeführten Massentötung der Nazis einer Anpassung. Todesfabriken wie Sobibor seien eine einzigartige Situation gewesen. Deshalb sei er zu dem Schluss gekommen, „dass ich so einen Einzeltatnachweis in einer solchen Einrichtung nicht zu führen habe“.

Der Sachverständige Anton Dallmayer wurde am 14. April 2010 vom Bayerischen Landeskriminalamt zum Dienstausweis befragt, der im Prozess als eines der zentralen Beweisstücke dafür galt, dass Demjanjuk in Sobibor Dienst geleistet hatte. Dallmayer hatte zuvor den Demjanjuk zugeordneten Ausweis mit drei anderen Dokumenten von Trawnikis verglichen, die ihm ebenfalls von den Amerikanern übergeben worden waren. Im Vergleich mit den drei anderen Dokumenten sei der Demjanjuk-Ausweis „als authentisch“ zu bewerten. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass alle vier Ausweise Fälschungen seien.

Am 22. Februar 2011 verlas der Verteidiger Ulrich Busch eine Erklärung seines Mandanten, der den gesamten Prozess hindurch geschwiegen hatte. Darin kündigte Demjanjuk einen Hungerstreik an, falls eine 1400 Seiten starke Akte des russischen Geheimdienstes, die seine Unschuld belegen soll, nicht als Beweismittel der Verteidigung zugelassen werde. Weiter erklärte Demjanjuk, er habe die Hungersnot unter Stalin, die deutsche Kriegsgefangenschaft, in der dreieinhalb Millionen Gefangene starben, und dann die Todeszelle in Israel mit Todesangst überlebt. „Jetzt, am Ende meines Lebens, versucht Deutschland – die Nation, die ohne Gnade und grausam Millionen unschuldiger Menschen ermordet hat – meine Würde, meine Seele, meinen Geist und mein Leben auszulöschen mit einem politischen Schauprozess und dem Versuch, mich, einen ukrainischen Bauern, für die Verbrechen, die Deutsche im Zweiten Weltkrieg verübt haben, schuldig zu sprechen.“

Das Gericht schloss die Beweisaufnahme am 17. März 2011 ab.

Staatsanwalt Hans-Joachim Lutz forderte in seinem Plädoyer am 22. März 2011 eine Gesamtstrafe in Höhe von sechs Jahren Freiheitsstrafe und sah es als erwiesen an, dass Demjanjuk im Jahr 1943 bei der Ermordung von mindestens 27.900 Juden mitgewirkt habe. Nach Meinung der Staatsanwaltschaft seien die Vorwürfe auch ohne einzelnen Tatnachweis stichhaltig. Jede Schuld sei individuell, Zweck der Strafe sei aber auch Sühne und für eine gewisse Genugtuung bei den Opfern zu sorgen. Als strafmildernd ließ Lutz gelten, dass Demjanjuk selbst Opfer der Deutschen war und gegen seinen Willen zum Wachdienst verpflichtet wurde. Er sei Gehilfe ohne eigenen Verantwortungsbereich gewesen. Allerdings habe kein Befehlsnotstand bestanden, weil eine Flucht seiner Meinung nach möglich gewesen sei.

Am 13. und 14. April 2011 hielten die Nebenkläger ihre Plädoyers. Sie berichteten vom Schicksal ihrer Familien und deren Ende in Sobibor. Der gemeinsame Anwalt der Nebenkläger, Cornelius Nestler, verzichtete in seinem Schlussvortrag, in dem er den Fall aus Sicht der Nebenklage historisch und rechtlich analysierte, auf das Stellen eines Strafantrages, da jeder der Nebenkläger die jeweils eigene Erwartung an das Strafmaß vorgetragen habe.

Demjanjuks Verteidiger Ulrich Busch plädierte Anfang Mai 2011 auf Freispruch und Haftentschädigung für Demjanjuk. Busch kritisierte, dass Zeugen und Akten zugunsten Demjanjuks nicht berücksichtigt worden seien. Der Angeklagte sei nie im NS-Vernichtungslager Sobibor gewesen und dafür gäbe es auch keine Beweise. Und wenn Demjanjuk doch als Hilfswachmann dort gewesen sein sollte, dann habe er als Kriegsgefangener keine andere Wahl gehabt. Demjanjuk sei schon einmal zum Justizopfer geworden, als er in Israel wegen einer Verwechslung achteinhalb Jahre unschuldig in Haft gesessen habe - davon fünf Jahre in der Todeszelle -, und habe daher bereits genug gebüßt.

Am 12. Mai 2011 wurde Demjanjuk wegen Beihilfe zum Mord an geschätzten 28.060 Menschen zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er sich als Kriegsgefangener zu einem von etwa 5000 fremdvölkischen Hilfswilligen der SS habe ausbilden lassen und dann von Ende März bis Mitte September 1943 als Wachmann im Vernichtungslager Sobibor gedient habe. Auch wenn ihm keine konkrete Tat individuell zugeschrieben werden könne, sei Demjanjuk dort „Teil der Vernichtungsmaschinerie“ gewesen. Die Anzahl der Opfer berechne sich auf Basis der Transportlisten der Deportationszüge in der Zeit, in der Demjanjuk in Sobibor gedient haben soll. Demjanjuk hätte sich nicht an diesen offensichtlichen Verbrechen beteiligen dürfen, sondern sich bemühen müssen, zu fliehen. Das damit verbundene Risiko hätte er in Kauf nehmen müssen.

In dem Prozess hatte sich Demjanjuk nicht zu den Vorwürfen geäußert, sondern sich nur in drei schriftlichen Erklärungen als Opfer der Deutschen bezeichnet. Der Urteilsverkündung wohnten etwa ein Dutzend der mehr als 30 Nebenkläger aus den Niederlanden bei, die in Sobibor teilweise ihre gesamte Familie verloren hatten.

Aufgrund des hohen Alters des Angeklagten wurde der Haftbefehl aufgehoben und Demjanjuk vorläufig aus der Haft entlassen. Richter Ralph Alt begründete die Haftentlassung damit, dass nach zwei Jahren Untersuchungshaft eine weitere Zeit im Gefängnis für den 91-Jährigen nicht verhältnismäßig sei und nach dem Urteil des Landgerichts keine Fluchtgefahr bestehe. Der Verurteilte sei staatenlos und könne Deutschland nicht verlassen. Nach seiner Entlassung war Demjanjuk bis zu seinem Tod in einem Pflegeheim in Bad Feilnbach untergebracht.

Das Urteil gegen Demjanjuk wurde nicht rechtskräftig, da sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung Revision gegen dieses Urteil eingelegt hatten. Zu einer Revisionsverhandlung kam es bis zu Demjanjuks Tod jedoch nicht mehr.

Demjanjuk in Roman, Film und Theater

Demjanjuks Prozess in Israel soll die Grundlage für den Film Music Box (1989) des Filmregisseurs und Drehbuchautors Constantin Costa-Gavras gewesen sein. Der gleiche Prozess diente dem US-amerikanischen Schriftsteller Philip Roth als Material für seinen 1993 erschienenen Roman Operation Shylock. Ein Bekenntnis.

Demjanjuks Leben wurde in der Dokumentation Der Fall Ivan Demjanjuk dargestellt. Die Dokumentarfilmer Frank Gutermuth, Sebastian Kuhn und Wolfgang Schoen suchten Schauplätze der Lebensgeschichte Demjanjuks auf und führten eine Reihe von Interviews, unter anderem mit dem niederländischen Ordinarius für Strafrecht Christiaan F. Rüter, dem Sobibor-Überlebenden Thomas Blatt sowie Kurt Schrimm, dem Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Der Film wurde vom Verbund der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD aus Anlass des Münchner Prozesses gegen Demjanjuk in Auftrag gegeben und gesendet.

Im März 2010 wurde am Theater Heidelberg das 2004 in Kanada uraufgeführte Stück Die Demjanjuk-Prozesse von Jonathan Garfinkel zum ersten Mal in deutscher Sprache und vom Autor aktualisiert aufgeführt.

Siehe auch

  • Sobibor-Prozess

Literatur

  • Dr. Ulrich Busch: Demjanjuk der Sündenbock - Schlussvortrag der Verteidigung. Monsenstein und Vannerdat, Münster 2011, ISBN 978-3869913612.
  • Angelika Benz: Der Henkersknecht: Der Prozess gegen John (Iwan) Demjanjuk in München. Metropol Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86331-011-0.
  • Wim Boevink: Dienstausweis 1393: Demjanjuk en het laatste grote naziproces. Bericht van een verslaggever. Uitgeverij Verbum, Laren (Niederlande)2011, ISBN 9789074274579.
  • Heinrich Wefing: Der Fall Demjanjuk: der letzte große NS-Prozess. C.H.Beck Verlag, München 2011, ISBN 978-3-406-60583-3.
  • Rainer Volk: Das letzte Urteil. Die Medien und der Demjanjuk-Prozess. Oldenbourg, München 2012, ISBN 978-3-486-71698-6.
  • Christiaan F. Rüter, Dick De Mildt (Hrsg.): Lfd. Nr. 924. In: Justiz und NS-Verbrechen. Bd. 49, Amsterdam University Press, Amsterdam 2012, ISBN 978-3-598-24608-1 (Urteil des Landgerichts München II, online).

Avoti: wikipedia.org

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